Leitsatz

Ein Anspruch auf Prozesszinsen besteht auch bei Klagerücknahme nach Bescheidänderung selbst dann, wenn der Steuerpflichtige Tatsachen früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen.

 

Sachverhalt

Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, ist gem. § 236 Abs. 1 Satz 1 AO der zu erstattende oder zu vergütende Betrag vorbehaltlich des Abs. 3 der Vorschrift vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Nach § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO ist die vorgenannte Regelung entsprechend anzuwenden, wenn sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt. Erledigung des Rechtsstreits bedeutet die Beendigung der Rechtshängigkeit nach §66 FGO durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, durch Erledigung in der Hauptsache oder durch Rücknahme der Klage. Nach § 236 Abs. 3 AO entfällt eine Verzinsung, soweit dem Beteiligten die Kosten des Rechtsbehelfs nach § 137 Abs. 1 FGO auferlegt worden sind. Dies erfordert eine Kostenentscheidung nach § 137 Satz 1 FGO, die jedoch bei einer Klagerücknahme nicht getroffen wird, da der Kläger in einem solchen Fall gem. § 136 Abs. 2 AO zwingend die Kosten zu tragen hat. Im Fall der Klagerücknahme kann daher der Anspruch auf Prozesszinsen nach § 236 Abs. 3 AO nicht versagt werden. Dies gilt auch dann, wenn die "Erledigung des Rechtsstreits" durch Bescheidänderung und Klagerücknahme auf Tatsachen beruht, die der Kläger früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Nach Auffassung des BFH ginge man über den möglichen Wortsinn des § 236 AO hinaus, wollte man eine Verzinsung in einem solchen Fall des schuldhaft verspäteten Geltendmachens bzw. Beweisens von Tatsachen ausschließen.

 

Hinweis

Der BFH hat es zugunsten der Kläger abgelehnt, § 236 Abs. 3 AO dergestalt auszulegen, dass sich der Anwendungsbereich der Vorschrift auch auf die Fälle der Klagerücknahme erstreckt. Dabei hat er deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber typisierend daran anknüpfen wollte, dass eine Kostenentscheidung nach § 137 Satz 1 FGO auch tatsächlich getroffen worden ist, sodass eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck nicht besteht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 11.4.2013, III R 11/12.

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