Leitsatz

Die typisierende Annahme, dass eine langfristige Vermietung in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt, ist nicht gerechtfertigt, wenn bei einer Wohnung in einem aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohngebäude die am Wohnungsmarkt erzielbare Miete den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt. Ob ein Gebäude besonders gestaltet oder ausgestattet ist, richtet sich nach den selben Kriterien, die für den Ansatz der Kostenmiete bei selbstgenutztem Wohnraum entwickelt worden sind (Hinweis auf BFH-Urteil vom 22.10.1993, IX R 35/92, BStBl II 1995, S. 98 = INF 1994, S. 509).

 

Sachverhalt

A errichtete auf seinem Grundstück ein Einfamilienhaus mit Schwimmhalle. Die Wohnfläche betrug mehr als 300 qm, die Herstellungs- und Ausstattungskosten beliefen sich auf 1,6 Mio. DM. A vermietete das Haus an seinen Sohn für 1500 DM monatlich, die vom Finanzamt ermittelte Marktmiete lag bei 4000 DM, die Kostenmiete betrug 18000 DM. Die Betriebskosten für das Haus beliefen sich auf 1300 DM. Das Finanzamt erkannte das Mietverhältnis und damit auch die von A geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse – Werbungskosten in den Jahren 1991 bis 1993: 140000 bis 300000 DM – als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei nicht an. Dem folgte auch das FG: Es liege schon kein normtypisches Verhalten vor, so dass die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen sei.

 

Entscheidung

Der IX. Senat folgte der Intention des FG, hob dessen Entscheidung aber wegen zweier Rechtsfehler auf. Zunächst muss nämlich die Nutzungsüberlassung wegen der verbilligten Vermietung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt werden. § 21 Abs. 2 EStG ist insoweit die Spezialregelung. Der unentgeltliche Teil der Nutzungsüberlassung und die damit zusammenhängenden Werbungskosten fallen per se aus der Besteuerung heraus; das ist hier ein Anteil von 25/40. Nach der Aufteilung wird der entgeltliche Teil der Nutzungsüberlassung so behandelt wie eine Vermietung zur ortsüblichen Marktmiete. Hierbei ist grundsätzlich von der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, es sei denn, es liegt ein Ausnahmefall vor – und einen derartigen Ausnahmefall sieht der BFH hier. Erstmals führt er aus, dass es gegen die Einkünfteerzielungsabsicht spricht, wenn die Marktmiete offensichtlich keine angemessene Gegenleistung für den besonderen Gebrauchswert der Wohnung bildet. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist anhand der Kriterien zum Ansatz der Kostenmiete bei selbstgenutztem Wohnraum festzustellen. Im Streitfall liegt ein derartiges Indiz schon darin, dass die vermietete Wohnfläche 300 qm beträgt.

 

Praxishinweis

Das Urteil knüpft an die Grundsatzentscheidung vom 30.9.1997[1] an. Bereits dort wird für besonders gestaltete Wohnungen eine Ausnahme von der regelmäßig zu unterstellenden Einkünfteerzielungsabsicht erwogen. Diese Ausnahme formt die Besprechungsentscheidung nun aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass man ohne weitere Prüfung nur dann von einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgehen kann, wenn sich der Vermieter marktgerecht verhält und dass dies aber nicht der Fall ist, wenn die Marktmiete keine angemessene Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung bildet. Hier drängt sich eine Parallele zu eigengenutztem Wohnraum auf, wenn die Kostenmiete statt der Marktmiete angesetzt wurde. Praktisch bedeutsam sind auch die Hinweise des Gerichts zur Vornahme der Prognose. In diese sind nämlich nur die Werbungskosten einzubeziehen, die auf den entgeltlichen Teil der Nutzungsüberlassung entfallen. Das ist hier ein Teil von 15/40.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 6.10.2004, IX R 30/03

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