Leitsatz

Die Quellensteuer auf Dividenden einer deutschen Kapitalgesellschaft ist nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a DBA-Russland nur dann auf 5 % der Dividende zu reduzieren, wenn der Nominalwert der Beteiligung mindestens 160 000 DM (81806,70 EUR) beträgt.

 

Sachverhalt

Die russische Kapitalgesellschaft K war am Stammkapital der deutschen R-GmbH (150000 DM) mit 70005 DM beteiligt. Sie beantragte beim Bundesamt für Finanzen, die Gewinnausschüttungen der R-GmbH bis auf 5 % der Dividende von der deutschen Steuer freizustellen und ihr die überschießende Kapitalertragsteuer zu erstatten. Das Bundesamt für Finanzen reduzierte die Steuer lediglich auf 15 % der Dividende.

 

Entscheidung

Nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Russland darf Deutschland Dividenden, die eine deutsche Gesellschaft an eine in Russland ansässige Person zahlt, grundsätzlich mit 15 % besteuern. Eine Reduzierung der Quellensteuer auf 5 % ist nur für den Fall vorgesehen, dass die Dividende an eine russische Gesellschaft gezahlt wurde, die zu mindestens 10 % an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligt ist und deren Kapitalanteil mindestens 160000 DM oder den entsprechenden Wert in Rubel beträgt[1]. Dabei kommt es nicht auf den Verkehrswert, sondern auf den Nominalwert der Beteiligung an. Dieser erreicht hier nicht die Grenze von 160000 DM, so dass die Steuer nur auf 15 % der Dividende zu reduzieren ist.

 

Praxishinweis

  1. K hatte vor allem damit argumentiert, dass es bei der Grenze von 160000 DM auf den Verkehrswert der Beteiligung ankomme und die vom Bundesamt für Finanzen verfochtene abweichende Auslegung gegen völkerrechtliche Verträge zwischen Deutschland und Russland verstoße. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er verweist zum einen auf den Wortlaut des DBA-Russland und zum anderen darauf, dass eine Anknüpfung an den sich häufig ändernden Verkehrswert zu praktischen Schwierigkeiten führen könne.
  2. Der BFH spricht schließlich die gemeinschaftsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit an, die nach dem EGV nicht nur für EU-Angehörige, sondern auch für Bürger und Unternehmen aus Drittstaaten gilt. Die Schlechterstellung der K gegenüber Unternehmen aus der EU, die sich auf die Mutter-Tochter-Richtlinie (kein Quellensteuerabzug!) berufen können, wird seiner Ansicht nach durch Art. 58 EGV gerechtfertigt. Dieser statuiere einen steuerlichen Vorbehalt, nach dem die Freiheit des Kapitalverkehrs nicht verletzt sei, wenn die Quellensteuer nach Maßgabe des DBA-Russland erhoben werde. Wie weit dieser Vorbehalt reicht, ist allerdings nicht abschließend geklärt.
 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 26.5.2004, I R 54/03

[1] Vgl. Art. 10 Abs. 1 Buchst. a DBA-Russland

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?