Leitsatz
- Ob der Darlehensnehmer bei Vereinbarung jährlich fallender Zinssätze zu Beginn der Vertragslaufzeit einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden muss, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Darlehensnehmer im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung die anteilige Erstattung der bereits gezahlten Zinsen verlangen könnte.
- Sollte ein solcher Erstattungsanspruch nicht bestehen, ist gleichwohl ein Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren, wenn das Darlehensverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch eine solche Kündigung eine mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen haben. Der Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung oder -änderung kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu.
Sachverhalt
K nahm sog. Step-Down-Gelder auf, die mit fallenden Sätzen verzinst wurden, im Streitjahr 1999 ein endfälliges Darlehen mit einer Laufzeit bis 2009. Eine Kündigung vor Fälligkeit war ausgeschlossen, aber im gegenseitigen Einvernehmen möglich. K setzte die gezahlten Zinsen in 1999 als Betriebsausgaben ab. Das Finanzamt forderte dagegen eine aktive Rechnungsabgrenzung. Die Klage hatte Erfolg. Der BFH gab der Revision statt.
Entscheidung
Der "fallende" Zins ist mit dem Teil, um den er den auf die gesamte Vertragslaufzeit entfallenden Durchschnittszins übersteigt, als Vorleistung für das Darlehen während der Restlaufzeit anzusehen. Zwar ist nicht ersichtlich, dass der Zins bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zurückzuzahlen ist, was gegen den Vorauszahlungscharakter spricht. Doch lässt der Sachverhalt nicht erkennen, dass es zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertrags kommen könnte.
Kommentar
Praxishinweis
Bei fallenden Zinssätzen kann der zunächst höhere Zins abzugrenzen sein, soweit er den auf die Gesamtlaufzeit entfallenden Durchschnittszins übersteigt und als Vorleistung für die Überlassung in der Restlaufzeit anzusehen ist. Wesentliches Indiz hierfür ist die Rückzahlung von Zinsen, falls der Vertrag vorzeitig beendet wird. Konsequenz ist regelmäßig die zeitanteilige Abgrenzung.
Eine Ausnahme von dieser Regel besteht, wenn das Darlehen auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen vereinbart wurde und nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, Letzteres aber nur theoretische Bedeutung hat. Dann stellt die Vereinbarung über den für das einzelne Jahr zu entrichtenden Zins keinen fremdvergleichsgerechten Ausgleich für die Bewertung des Jahreswerts der empfangenen Gegenleistung dar. Folglich liegt ein "Gegenindiz" vor und es ist abzugrenzen.
Zweierlei bleibt zu beachten:
- Eine Zinserstattung ist wegen des jeweiligen wirtschaftlichen Hintergrunds von einer Vorfälligkeitsentschädigung zu unterscheiden. Die Vorfälligkeitsentschädigung stellt Schadensersatz für entgangenen Zins dar.
- Der fallende Zins kann auch den Versuch widerspiegeln, das prognostizierte Sinken des Marktzinssatzes während der Darlehenslaufzeit zu berücksichtigen; dann scheidet die Rechnungsabgrenzung aus.
Link zur Entscheidung
BFH, 27.7.2011, I R 77/10.