Abwasser auf Abwegen

Das Grundstück der Kläger wurde im Jahr 1977 mit einem Wohnhaus bebaut. Auf dem Grundstück der Beklagten wurden im Jahr 1989 2 zu einer Wohnungseigentumsanlage gehörende Wohnhäuser errichtet. Vor der Bebauung des klägerischen Grundstücks im Jahr 1977 fanden Verhandlungen zwischen den damaligen Eigentümern der benachbarten Grundstücke (Rechtsvorgänger der Parteien) statt über die Frage, auf welche Weise die Abwässer vom klägerischen Grundstück entsorgt werden sollten. Verschiedene Planungen waren in der Überlegung. Zum Abschluss einer Vereinbarung wegen der Abwasserleitungen kam es zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien jedoch nicht. Auch die Eintragung einer – vom Rechtsvorgänger der Kläger in Aussicht genommenen – Grunddienstbarkeit zugunsten des klägerischen Grundstücks auf dem Nachbargrundstück unterblieb.

Klage auf ­Beseitigung und Unter­lassung

Die Kläger nahmen die Nachbarn vor Gericht auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch: Die Abwasserleitung von ihrem Wohnhaus sei im Jahr 1977 tatsächlich über das heute im Eigentum der Beklagten befindliche Grundstück geführt worden. Seit der Bebauung des Nachbargrundstücks im Jahr 1989 liege die Abwasserleitung dort unter den Gebäuden. Setzungen der Gebäude hätten zu Schäden der auf dem Nachbargrundstück befindlichen Leitung geführt. Die Leitung sei an vielen Stellen deformiert, weshalb der Durchfluss erheblich beeinträchtigt werde. Eine Sanierung der beschädigten Leitung auf dem Grundstück der Beklagten im sogenannten Inliningverfahren werde voraussichtlich einen Kostenaufwand von 18.656,82 EUR verursachen. Für Beeinträchtigungen und Beschädigungen der Leitung durch Gebäudedruck seien die Beklagten als Eigentümer des Nachbargrundstücks verantwortlich. Sie seien verpflichtet, die Deformationen der Abwasserleitung zu beseitigen. Außerdem seien die Beklagten verpflichtet, weitere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um künftige Beeinträchtigungen der Abwasserleitung zu verhindern.

Keine Zurechnung des Schadens

Doch auch das Oberlandesgericht Karlsruhe wies die Klage ab und entschied: Führen Setzungen eines rechtmäßig errichteten Gebäudes dazu, dass eine unter dem Gebäude verlaufende Abwasserleitung, die der Entwässerung des Nachbargrundstücks dient, beschädigt wird, rechtfertigt dies keinen Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch des Nachbarn gemäß § 1004 BGB gegen den Gebäudeeigentümer. Dieser sei weder Handlungs- noch Zustandsstörer. Auch setze eine Haftung eines Grundstückseigentümers nach § 1004 Abs. 1 BGB voraus, dass die Beeinträchtigung des Eigentums wenigstens mittelbar auf den Willen des Grundstückseigentümers zurückgeht.

Fazit: Klare Vereinbarungen schaffen

Bei Baumaßnahmen, die zu einer "Verzahnung" zweier Nachbargrundstücke führt, sollte möglichst für eine geeignete vertragliche Grundlage und auch eine dingliche Absicherung im Grundbuch (Dienstbarkeit) gesorgt werden.

(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 10.2.2016, 9 U 118/14, DWW 2016 S. 227)

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