Leitsatz

  1. Zur Vollbeendigung einer KG bei Insolvenz der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter (sog. Simultaninsolvenz).
  2. Auch ein zu Unrecht zum Klageverfahren (hier: Anfechtung eines Gewinnfeststellungsbescheids) Beigeladener kann durch das finanzgerichtliche Urteil beschwert und deshalb befugt sein, Revision einzulegen.
  3. Gehört eine 100 %-ige Beteiligung an einer GmbH zum Betriebsvermögen, kann ein Auflösungsgewinn nach dem Realisationsprinzip auch vor Ablauf der Sperrfrist nach § 73 GmbHG anzusetzen sein. Ob in der Verletzung der Sperrfrist ein Missbrauch i.S. von § 42 AO zu sehen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
 

Sachverhalt

Zwischen der A-KG und der X-GmbH bestand eine Betriebsaufspaltung; die A-KG war Alleingesellschafterin der X-GmbH. Nach Beendigung des der Betriebsaufspaltung zu Grunde liegenden Pachtvertrags beschloss die A-KG im August 1996, die X-GmbH mit Wirkung zum 30.6.1996 aufzulösen. Die X-GmbH gab den gesamten Betrieb und die Pachtgegenstände an die A-KG zurück, diese setzte den Betrieb im eigenen Namen fort und beschloss im Dezember 1996, die Liquidation der X-GmbH sei beendet.

Die A-KG erklärte für 1996 einen tarifbegünstigten Gewinn aus der Liquidation der X-GmbH, den das Finanzamt indes nicht berücksichtigte. Die Liquidation sei 1996 noch nicht abgeschlossen worden, der Auflösungsgewinn sei frühestens 1997 zu erfassen. Während des gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1996 gerichteten Klageverfahrens wurde am 31.12.2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-KG und das ihrer Komplementär-GmbH eröffnet. Der Gesellschaftsvertrag der A-KG sah für diesen Fall das Ausscheiden des insolventen Gesellschafters vor. W, neben N einer der beiden Kommanditisten der A-KG, hatte seinen Kommanditanteil 1998 auf die neu gegründete W-KG übertragen und war aus der A-KG ausgeschieden. Über das Vermögen der W-KG wurde ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Während des Revisionsverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Komplementär-GmbH mangels Masse eingestellt und N zum Nachtragsliquidator bestellt.

 

Entscheidung

Der BFH hält die Revision für zulässig und begründet. Die A-KG ist insbesondere nicht ohne Liquidation beendet.

Die im Klageverfahren gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid angeordnete Prozessführungsbefugnis der Personengesellschaft[1] endet erst mit deren Vollbeendigung[2]. Tritt die Vollbeendigung während des Klageverfahrens ein, gehen Beteiligtenstellung und Prozessführungsbefugnis auf die durch den angegriffenen Bescheid beschwerten Gesellschafter über[3]. Scheiden aus einer Personengesellschaft sämtliche Gesellschafter bis auf einen aus, geht das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über; die Gesellschaft ist ohne Liquidation beendet[4]. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar sieht der Gesellschaftsvertrag vor, dass jeder Gesellschafter, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, aus der A-KG ausscheidet. Dies trifft auch auf die Komplementär-GmbH und die W-KG zu, sodass bis auf einen alle Gesellschafter aus der A-KG ausgeschieden sind, diese also liquidationslos beendet wäre. Der BFH legt den Gesellschaftsvertrag jedoch ergänzend dahin aus, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die A-KG deren Gesellschafter infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen nicht mehr aus der A-KG ausscheiden sollten, sodass die A-KG noch nicht beendet ist.

Der Auflösungsgewinn ist bereits 1996 angefallen. Wird eine Kapitalgesellschaft derart aufgelöst und beendet, dass ihr Vermögen auf den Alleingesellschafter übertragen wird, der die Beteiligung im Betriebsvermögen hält, liegt eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Hs. i.V.m. Abs. 3 EStG begünstigte Aufgabe eines "fingierten" Teilbetriebs vor. Dass die untergehende GmbH eine Betriebsgesellschaft war und ihre Aktiva und Passiva vom Besitzunternehmen übernommen wurden, steht dem nicht entgegen[5]. Werden Anteile an der GmbH im Betriebsvermögen gehalten, bestimmt sich der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und damit nach dem Realisationsprinzip. Eine Gewinnrealisierung ist dann zu bejahen, wenn das gesamte Aktivvermögen der GmbH ausgekehrt wird und der Alleingesellschafter die Verpflichtung eingeht, die verbleibenden Verbindlichkeiten zu tilgen. Unerheblich ist insoweit, ob das Vermögen vor Ablauf des Sperrjahrs nach § 73 GmbHG verteilt und dem gemäß der vom Alleingesellschafter erzielte Aufgabegewinn bereits vor dem Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation der Kapitalgesellschaft angesetzt wird[6]. Denn für den Zeitpunkt der Gewinnrealisation kommt es nicht darauf an, ob der dingliche Übertragsakt wirksam ist und dass allein die Missachtung der Sperrfrist keine verdeckte Gewinnausschüttung auslöst.

Der BFH hat nicht durchentschieden, da das FG keine Feststellungen zur Höhe des Auflösungsgewinns getroffen hat. Ob die Missacht...

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