Rz. 257
Der Gesetzgeber hat in § 18 GmbHG Regelungen geschaffen, um in Fällen, in denen mehrere Personen Eigentümer eines Geschäftsanteils sind, Erleichterungen im Rahmen der Ausübung der gemeinsamen Mitgliedschaftsrechte zu verschaffen, damit Unklarheiten und aufwändige Nachfragen bei mehreren Inhabern eines Geschäftsanteils vermieden werden. Während die Regelungen der Absätze 1 und 3 im Gesellschaftsvertrag modifiziert werden können, ist Absatz 2 weitgehend zwingend.
Rz. 258
Wenn ein Geschäftsanteil mehreren Mitberechtigten ungeteilt zusteht, so können sie die Rechte aus demselben nur gemeinschaftlich ausüben (§ 18 Abs. 1 GmbHG). Zu den Fällen einer "Mitberechtigung" im Sinne der Vorschrift gehören die Bruchteilsgemeinschaft (§ 741 ff. BGB, zum Beispiel im Fall von Geschäftsanteilen eines Ehepaars im gesetzlichen Güterstand (der Zugewinngemeinschaft) gemäß § 1363 ff. BGB) und die Gesamthandsgemeinschaft (insbesondere die Erbengemeinschaft gemäß § 2032 ff. BGB; Güterstand der Gütergemeinschaft gemäß §§ 1415 ff. BGB).
Rz. 259
Wenn dagegen ein Geschäftsanteil insbesondere einer juristischen Person und damit einer Personenmehrheit mit eigener Rechtspersönlichkeit (zum Beispiel eine GmbH gemäß § 13 Abs. 1 GmbHG) oder einer Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) gehört, liegt kein Fall einer "Mitberechtigung" nach § 18 Abs. 1 GmbHG vor mit der Folge, dass diese Vorschrift keine Anwendung findet.
Rz. 260
Die gemeinschaftliche Rechtsausübung im Sinne von Absatz 1 ist umfassend und betrifft alle Mitgliedschaftsrechte, das heißt sowohl die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung (jeder Mitberechtigte ist teilnahmeberechtigt!), das Auskunftsrecht und die Ausübung des Stimmrechts als auch Vermögensrechte wie zum Beispiel der Gewinnanspruch. Die Mitberechtigten können jedoch – grundsätzlich formlos (Ausnahme: Textform für die Stimmvollmacht gemäß § 47 Abs. 3 GmbHG) – einen gemeinsamen Vertreter für die gemeinschaftliche Ausübung ihrer Rechte bestellen.
Rz. 261
Für die auf den Geschäftsanteil zu bewirkenden Leistungen haften sie der Gesellschaft solidarisch (§ 18 Abs. 2 GmbHG). Die Haftung aufgrund dieser Vorschrift betrifft unter anderem rückständige Einlagen, Nebenleistungspflichten (§ 3 Abs. 2 GmbHG) und auch rückständige Einlageverpflichtungen aufgrund der Haftung als Mitberechtigte nach dem Erwerb eines Geschäftsanteils gemäß § 16 Abs. 2 GmbHG.
Rz. 262
Rechtshandlungen, welche die Gesellschaft gegenüber dem Inhaber des Anteils vorzunehmen hat, sind, sofern nicht ein gemeinsamer Vertreter der Mitberechtigten vorhanden ist, wirksam, wenn sie auch nur gegenüber einem Mitberechtigten vorgenommen werden. Gegenüber mehreren Erben eines Gesellschafters findet diese Bestimmung nur in Bezug auf Rechtshandlungen Anwendung, die nach Ablauf eines Monats seit dem Anfall der Erbschaft vorgenommen werden (§ 18 Abs. 3 GmbHG). Unter ›Rechtshandlungen‹ fallen einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsähnliche Handlungen gegenüber den Gesellschaftern, das heißt zum Beispiel eine Mahnung, eine Kündigung oder eine Einladung zur Gesellschafterversammlung. Dagegen gehören Zahlungen durch die GmbH und der Abschluss von Verträgen nicht zu Rechtshandlungen im Sinne von Absatz 3.
Rz. 263
Absatz 3 Satz 1 regelt den Fall, dass kein gemeinsamer Vertreter vorhanden ist. Dann kann die Handlung gegenüber einem Mitberechtigten und mit Wirkung für und gegen alle Mitberechtigte erfolgen. Wenn aber ein gemeinsamer Vertreter bestellt wurde, kann die Gesellschaft nicht mehr zwischen einzelnen Mitberechtigten auswählen, sondern muss die Handlung gegenüber dem – dafür von den Mitberechtigten vorgesehenen – gemeinsamen Vertreter oder, und das ist weiterhin möglich, gegenüber allen Mitberechtigten vornehmen.