Schwere Geburt

Der Bundestag hat jüngst nun doch nach über einem Jahr in 2. und 3. Lesung den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Anfechtungsrechts verabschiedet. Dabei hat das Gesetz gegenüber dem ursprünglichen Entwurf noch einige Änderungen erfahren. Insbesondere wurde vollständig auf eine Änderung der Anfechtungsregeln im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verzichtet, wie sie in § 131 InsO geregelt sind.

Neuregelungen im Einzelnen:

  • Zahlreiche Änderungen

    Bei der Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) wird bei "Deckungshandlungen" die Anfechtungsfrist von 10 Jahren auf 4 Jahre verkürzt. Dies sind Handlungen, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen, insbesondere Zahlungen auf erbrachte Lieferungen und Leistungen. Davon ausgenommen bleiben unredliche Vermögensverschiebungen oder Bankrotthandlungen, weil diese Handlungen keine Privilegierung verdienen. Andererseits sollen Gläubiger, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen zur Überwindung vorübergehender Liquiditätsschwierigkeiten gewähren, Gewissheit haben, dass dies für sich genommen eine Vorsatzanfechtung nicht begründen kann.

  • Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs (§ 142 InsO): Bargeschäfte unterliegen nur noch dann der Vorsatzanfechtung, wenn der Schuldner unlauter handelte und der Gläubiger dies erkannt hat. Lohnzahlungen sollen künftig grundsätzlich nicht mehr angefochten werden können, wenn sie spätestens 3 Monate nach der Arbeitsleistung erfolgen.
  • Die Zinsen auf ausstehende Anfechtungsansprüche werden begrenzt, indem sie den allgemeinen schuldrechtlichen Verzugsregeln unterstellt werden (§ 143 InsO).
  • Stärkung des Gläubigerantragsrechts (Änderung des § 14 InsO): Mit der Änderung soll es leichter werden, die Fortsetzung der wirtschaftlichen Aktivitäten insolvenzreifer Unternehmen rechtzeitig zu unterbinden. Dies schützt den Geschäftsverkehr vor einer mit Anfechtungsrisiken behafteten Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zu insolvenzreifen Schuldnern. So sollen Verluste durch Insolvenzanfechtungen vermindert werden.
  • Entsprechend zu den Änderungen der Insolvenzordnung wurden auch die Vorschriften im Anfechtungsgesetz (AnfG) betreffend die Gläubigeranfechtung umgestaltet.

Rückzieher

Hingegen wurde die geplante Einschränkung der Anfechtung nach § 131 InsO durch den Rechtsausschuss wieder gestrichen. Damit bleiben Deckungen, die durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt wurden, entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch künftig inkongruent.

Bald in Kraft

Da der Bundesrat zwar weiterhin an dem ursprünglichen Entwurf "hängt", jedoch den Vermittlungsausschuss nicht anruft (vgl. BR-Drs. 139/17), wird das Gesetz in Kürze in Kraft treten.

(Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz, BT-Drs. 18/11199, dazu Hacker, NZI 2017, S. 148)

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