Leitsatz

  1. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts wird mit der Verpachtung ihrer Eigenjagd im Rahmen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gemäß § 2 Abs. 3 UStG gewerblich oder beruflich tätig.
  2. § 24 UStG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass er nur die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen i.S. des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG erfasst.
 

Sachverhalt

Eine Gemeinde hatte von 1994 bis 1999 u.a. aus der Verpachtung sog. Eigenjagdbezirke Umsätze von 32000 DM bis 34000 DM erzielt. Das Finanzamt rechnete die Jagdverpachtungen nicht zu den land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen nach § 24 UStG, sondern versteuerte sie nach den allgemeinen Vorschriften mit dem Regelsteuersatz. Das FG gab der Klage der Gemeinde statt. Es sah in der Jagdverpachtung keine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 3 UStG; sie übersteige nicht den Betrieb einer bloßen Vermögensverwaltung. Das Finanzamt legte Revision ein. Im Revisionsverfahren legte der BFH[2] dem EuGH Fragen zur Auslegung der 6. EG-Richtlinie vor, die im Wesentlichen dahin gingen, ob Mitgliedstaaten, die die in Art. 25 der 6. EG-Richtlinie vorgesehene Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger in ihr innerstaatliches Recht übernommen haben, die Pauschallandwirte im Ergebnis – und zwar für alle Umsätze – von der Umsatzsteuer freistellen dürften oder müssten.

 

Entscheidung

Im Anschluss an das EuGH-Urteil[3] führt der BFH zum einen aus, dass die Gemeinde gemäß § 2 Abs. 3 UStG im Rahmen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und nicht "hoheitlich" tätig war. Die Jagdverpachtung wurde in der Form des Privatrechts und nicht des öffentlichen Rechts betrieben. Sie erfolgte im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Gemeinde, da der Grund und Boden, der einen Eigenjagdbezirk bildet, zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehört. Die Pachtumsätze unterlagen aber nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. § 24 UStG gilt zwar seinem Wortlaut nach für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze". Dies ist aber in richtlinienkonformer Auslegung dahin zu verstehen, dass damit nur die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen gemeint sind, auf die die Pauschalregelung des Art. 25 der 6. EG-Richtlinie Anwendung findet. Wie der EuGH entschieden hat, ist die Verpachtung von Jagdbezirken durch einen Pauschallandwirt keine derartige landwirtschaftliche Dienstleistung. Sie fällt nicht unter die in Anhang H der Richtlinie genannte "Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken". Daher unterliegt sie der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften.

 

Praxishinweis

Dass die Verpachtung eines Jagdbezirks – aus der Sicht des Umsatzsteuerrechts – eine unternehmerische Tätigkeit ist, ist wohl unstreitig. Wenn eine Gemeinde die entsprechende Verpachtungstätigkeit ausübt, kommt man nach umsatzsteuerrechtlichen Kriterien zu keinem anderen Ergebnis. Sie sollte wie jeder andere Verpächter behandelt werden. Leider kommt es offenbar immer wieder zu Irritationen aufgrund der (noch immer nicht beseitigten) unglücklichen Verweisung auf das KStG in § 2 Abs. 3UStG. Immerhin ist geklärt, dass die vertraglich vereinbarte Verpachtung als hoheitliche Tätigkeit ausscheidet. Soweit das FG die Umsätze als "lediglich Vermögensverwaltung" – also als Bagatelltätigkeit – außerhalb der umsatzsteuerlichen Erfassbarkeit als forstwirtschaftlicher oder gewerblicher Betrieb halten wollte, ist das eine Folge der Verweisungsverwirrung. Umsatzsteuerrechtlich gibt es dafür die Kleinunternehmergrenze, die hier überschritten war.

Dem BFH kam es mit der Vorlage in erster Linie auf die Auslegung des Pauschalsystems für Land- und Forstwirte an. Die Frage, ob die Einführung des Pauschalsystems verlangt oder zulässt, dass sämtliche Umsätze eines Pauschalunternehmers – also auch nicht landwirtschaftliche Randtätigkeiten – nicht zu erfassen sind, hat der EuGH verneint. Die Tätigkeiten sind aufgeteilt – nach § 24 einerseits und der Regelbesteuerung andererseits – zu erfassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 22.9.2005, V R 28/03[1]

[3] Vgl. EuGH-Urteil vom 26.5.2005, a.a.O. (Fn. 1)
[1] Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 26.5.2005, Rs. C-43/04 (Stadt Sundern), BFH/NV Beilage 2005, S. 320

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