Leitsatz

Die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers ist keine regelmäßige Arbeitsstätte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. bzw. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG. Die Vorschriften werden demnach auch nicht angewendet, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Kunden des Arbeitgebers längerfristig eingesetzt ist.

 

Sachverhalt

Im Urteilsfall betrieb der Arbeitgeber eine Firma zur Entwicklung von Software. Sein Gesellschafter-Geschäftsführer führte die Entwicklungsarbeiten in seinem Büro durch. Abnehmer der Software waren die X-AG sowie die Firmen T1 und T2, die ihre Rechenzentren jeweils in anderen Ort hatten. Der Geschäftsführer wies die Kunden in die Programme ein, wobei er für die Fahrten einen Firmenwagen benutzte, der ihm auch für Privatfahrten zur Verfügung stand. Das Finanzamt behandelte die Fahrten zu den Rechenzentren nicht als Dienstreisen, sondern als Fahrten zwischen der Wohnung und mehreren Arbeitsstätten. Dementsprechend versteuerte es einen geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach der 0,03%-Regelung. Außerdem unterwarf es die Verpflegungspauschalen der Besteuerung.

Der BFH folgte der Auffassung des Arbeitgebers und behandelte die Fahrten zu den Rechenzentren als beruflich veranlassteAuswärtstätigkeiten. Die betriebliche Einrichtung eines Kunden sei keine regelmäßige Arbeitsstätte und zwar auch dann nicht, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Kunden des Arbeitgebers längerfristig eingesetzt ist. Damit entfiel bei der Firmenwagennutzung die Versteuerung eines geldwerten Vorteils für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Folgerichtig hielt der BFH die steuerfreie Erstattung von Mehraufwendungen für Verpflegung durch den Arbeitgeber für zulässig.

 

Hinweis

In den LStR 2008 ist der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte neu definiert worden. Danach ist eine regelmäßige Arbeitsstätte der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Sie ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wieder aufsucht.

Ob eine regelmäßige Arbeitsstätte auch angenommen werden kann, wenn die Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers weder im Eigentum noch im Verfügungsbereich des Arbeitgebers steht, ist umstritten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Fälle denkbar, in denen der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers auch dann als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist, wenn der Arbeitnehmer nicht in einer betrieblichen Einrichtungdes Arbeitgebers tätig wird (R 9.4 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz LStR 2008). Entsprechendes gilt, wenn Arbeitnehmer samt Aufgabenbereich auf selbständige Unternehmen "ausgelagert" werden und anschließend in den gleichen Räumlichkeiten, ihrer inhaltlich unveränderten Tätigkeit nachgehen.

Da der Arbeitnehmer nicht auf Dauer bei den Kunden eingesetzt war, akzepiert die Verwaltung die vorliegende Entscheidung. Falls der BFH allerdings betriebliche Einrichtungen eines Kunden auch nicht als regelmäßige Arbeitsstätte beurteilen sollte, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers dort auf Dauer angelegt ist, wäre Streit mit der Verwaltung vorprogrammiert.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 10.7.2008, VI R 21/07.

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