Wechsel des Versicherers
Der Kläger war Eigentümer eines Mehrfamilienhauses. Dieses hatte er Anfang 2013 erworben. Das Gebäude war damals beim Versicherer A u. a. gegen Leitungswasserschäden versichert. Am 2.1.2013 schloss der Kläger bei dem Beklagten eine verbundene Wohngebäudeversicherung ab, der die VGB 2008-SL zugrunde lagen.
Geplatztes Wasserrohr
Im August 2013 platzte ein Wasserrohr, das zu einem Heizkessel führte. Dadurch drang Leitungswasser in die darunter liegenden Räumlichkeiten ein. Ein vom Versicherer eingeschaltetes Sachverständigenbüro stellte fest, dass das geplatzte Wasserrohr korrodiert war, weil darauf Wasser tropfte, das aus einer korrodierten und geplatzten Vorlaufleitung der Heiztherme ausgetreten war.
Versicherer verweigern Regulierung
Der beklagte Versicherer verweigerte die Regulierung des Schadens. Er begründete dies damit, dass die Korrosion der Anschlussleitung nicht innerhalb weniger Tage entstanden sein könne, sondern dass dies ein Vorgang sei, der sich üblicherweise über mehrere Monate hinweg entwickele. Deshalb sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das schadensverursachende Ereignis schon vor dem Versicherungsbeginn beim Beklagten liege.
Auch der Vorversicherer lehnte seine Eintrittspflicht mit dem Argument ab, der Schaden sei nicht während der Zeit der bei ihm bestehenden Versicherung entstanden.
OLG: Versicherer muss zahlen
Das OLG Schleswig sprach dem Kläger die Versicherungsleistung zu. Nach § 1 Nr. 1 b) VGB 2008-SL erbringe der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen, die u. a. durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden. Gemäß § 3 Nr. 3 VGB 2008-SL (Nässeschäden) leiste der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden. Das Leitungswasser müsse dabei aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen, aus Einrichtungen der Warmwasser- oder Solarheizungsanlagen (...) ausgetreten sein.
Einstandspflicht
Im vorliegenden Fall waren nach Meinung des OLG im Sinne von § 3 Nr. 3 VGB 2008-SL versicherte Sachen durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser beschädigt worden. Der Beklagte sei für den unstreitig erst in der versicherten Zeit zutage getretenen Leitungswasserschaden auch einstandspflichtig.
Es dürfe nicht sein, dass der Versicherungsnehmer bei einem Wechsel des Gebäudeversicherers weder vom aktuellen noch von dem früheren Versicherer Ersatz für einen Leitungswasserschaden erhalte, wenn sich – wie häufig – nicht feststellen lasse, wann der Wasserschaden seinen konkreten Anfang in Gestalt erstmals auslaufenden Leitungswassers genommen habe.
Auslegung hilft Versicherungsnehmer
Eine solche Regelungslücke dürfe es gerade in der für den Versicherungsnehmer häufig existenziellen Gebäudeversicherung nicht geben. Die einschlägigen Klauseln zur Leitungswasserversicherung seien vielmehr dahin auszulegen, dass der Versicherer für alle die Leitungswasserschäden haftet, die innerhalb der Vertragslaufzeit erkennbar werden, auch wenn die Ursachen für die Schäden – für den Versicherungsnehmer nicht erkennbar – schon vor Vertragsbeginn gesetzt worden seien.
Tipp
Die vom OLG Schleswig vertretene Rechtsauffassung wird nicht von allen Gerichten geteilt. Deshalb sollten Immobilieneigentümer bei Umdeckung einer entsprechenden Versicherung darauf hinwirken, dass zeitliche Deckungslücken beim neuen Versicherer geschlossen werden.
(OLG Schleswig, Urteil v. 19.2.2015, 16 U 99/14)