Leitsatz

Erwirbt der Steuerpflichtige durch fremdfinanzierten Einmalbeitrag eine Leibrente unter Einschluss einer lebenslänglichen Hinterbliebenenrente zugunsten seines Sohnes, so sind die ihm erwachsenen Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten) nicht nach den Grundsätzen über die Nichtabziehbarkeit von Drittaufwand zu kürzen (Fortentwicklung der Rechtsprechung im BFH-Urteil vom 16.9.2004, X R 29/02, BStBl II 2006, S. 234 = INF 2005, S. 208, betreffend Überschusserzielungsabsicht).

 

Sachverhalt

S erwarb im Streitjahr 1991 bei einem britischen Lebensversicherer gegen Einmalbeitrag eine sofort beginnende Leibrente. Nach seinem Tod soll sein Sohn eine Leibrente in unveränderter Höhe erhalten. Den Einmalbeitrag bestritt S größtenteils durch ein bei der E-Bank aufgenommenes langfristiges Darlehen. Die dadurch veranlassten Finanzierungskosten – Disagio, Kreditzinsen und -gebühren – sowie weitere Aufwendungen erklärte S als negative sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 1 EStG. Das Finanzamt versagte den Abzug, da S die Überschusserzielungsabsicht gefehlt habe. Dessen Klage hatte nur teilweise Erfolg. Mit der dagegen erhobenen Revision obsiegte er hingegen in vollem Umfang.

 

Entscheidung

Der BFH folgt dem FG nicht darin, dass ein Teil der in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Renteneinkünften stehenden Aufwendungen als nicht abziehbarer Drittaufwand zugunsten des Sohnes zu qualifizieren sei. Bereits mit Urteil vom 16.9.2004[1] hat der Senat entschieden, dass im Zusammenhang mit der zwecks Feststellung der Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen anzustellenden Überschussprognose nicht nur die voraussichtlich dem Steuerpflichtigen selbst zufließenden steuerpflichtigen Rentenbezüge, sondern auch die wahrscheinlich vom Hinterbliebenen (dort: Ehegatte) vereinnahmten Rentenertragsanteile einzubeziehen sind. Entsprechendes gilt konsequenter Weise für die zu prognostizierenden Werbungskosten, die auch insoweit in ungekürztem Umfang zu berücksichtigen sind, als sie beim Steuerpflichtigen angefallen sind oder voraussichtlich noch anfallen werden und nicht zur Erzielung von Renteneinnahmen des Steuerpflichtigen selbst, sondern auch der voraussichtlichen Einnahmeerzielung des Hinterbliebenen dienen werden. Dieselben Grundsätze müssen auch im Rahmen der konkreten Einkünfteermittlung beachtet werden.

 

Praxishinweis

Die im vorstehenden Urteil sowie im BFH-Urteil vom 16.9.2004[2] in den Fällen einer Leibrente mit nachgeschalteter Hinterbliebenenrente befürwortete Nichtanwendung der Grundsätze über die prinzipielle Nichtabziehbarkeit sog. Drittaufwands gilt m.E. nicht nur dann, wenn als begünstigte Empfänger der Hinterbliebenenrente der (überlebende) Ehegatte oder die Kinder des Steuerpflichtigen vorgesehen sind. Ebenfalls begünstigte Hinterbliebene sind m.E. auch alle anderen Personen, z.B. der nichteheliche Lebensgefährte.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 22.11.2006, X R 15/05

[2] Vgl. ebenda

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