Leitsatz (amtlich)
Im Fall der Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 21 EStG) gehören zu der an der Marktmiete orientierten Rohmiete auch die ortsüblichen umlagefähigen Nebenentgelte. Wird daher lediglich die Nettokaltmiete angesetzt, so müssen - auch im Fall des Ansatzes des Werbungskosten-Pauschbetrags gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG - auf der Einnahmenseite die umlagefähigen Nebenentgelte in durchschnittlicher Höhe hinzugerechnet werden.
Sachverhalt
Die Kläger, zusammen veranlagte Eheleute, sind Eigentümer eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks. Die Erdgeschosswohnung bewohnen sie selbst, die Dachgeschosswohnung ist vermietet. Für ihre selbstgenutzte Wohnung nahmen sie die Übergangsregelung nach § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG in Anspruch. Für das Streitjahr 1996 erklärten die Kläger für die zweite Wohnung Mieteinnahmen sowie Einnahmen aus einer Umlage für Wasser und für die selbstgenutzte Wohnung einen (Netto-)Mietwert. Als Werbungskosten machten sie gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG für beide Wohnungen insgesamt 9 156 DM geltend. Das Finanzamt schätzte auf der Einnahmenseite für die selbstgenutzte Wohnung umlagefähige Kosten von 2 682 DM hinzu. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
Das FG hat zu Recht entschieden, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem von den Klägern angesetzten Mietwert die vom Finanzamt geschätzten Umlagen hinzuzurechnen sind.
Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. EStG in der nach § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG auf den Streitfall anzuwendenden Fassung gehört zu den Einkünften auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Den unbestimmten Rechtsbegriff "Nutzungswert" hat der Senat in ständiger Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass der zu schätzenden Rohmiete die nachgewiesenen Werbungskosten gegenüberzustellen sind. Die anzusetzende Rohmiete ist in entsprechender Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG grundsätzlich anhand der am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte erzielbaren Miete (sog. Marktmiete) zu schätzen. Da von dem Rohmietwert die nachgewiesenen Werbungskosten abzusetzen sind, ist dieser als Bruttomietwert zu ermitteln. Das bedeutet, dass in den Fällen, in denen auf der Einnahmenseite lediglich eine Nettokaltmiete angesetzt wurde, dieser umlagefähige Nebenentgelte in durchschnittlicher Höhe hinzugerechnet werden müssen. Dafür spricht auch die Systematik des Gesetzes, wonach die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG für alle Überschuss-Einkunftsarten gleichermaßen vorzunehmende Einkünfteermittlung es erfordert, auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite alle im Zusammenhang mit der jeweiligen Einkunftsart stehenden Vorgänge betragsmäßig zu erfassen.
Nichts anderes gilt, wenn statt nachgewiesener Werbungskosten der Pauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG geltend gemacht wird. Die mit dieser Vorschrift beabsichtigte Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens wirkt sich nur auf der Ausgabenseite aus. Der Umstand, dass die mit der Erzielung von Einkünften im Zusammenhang stehenden Aufwendungen mit dem Pauschbetrag in einer gesetzlich typisierenden Höhe festgesetzt worden sind, hindert nicht die Erfassung von Nebenentgelten auf der Einnahmenseite. Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Besteuerung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus, die darauf gerichtet ist, den selbstnutzenden Eigentümer steuerrechtlich so zu behandeln, wie wenn er die Wohnung an sich selbst vermietet hätte.
Link zur Entscheidung
BFH vom 19.3.2002 – IX R 19/00