Leitsatz

Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von 2 jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Diese Grundsätze sind auf den Fall einer Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 GrEStG) übertragbar.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige war an der grundbesitzenden G-GmbH zunächst mit einem Geschäftsanteil von 64,8 % beteilt. Die übrigen Geschäftanteile wurden von F (10 %) und der H-AG (25,2 %) gehalten. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.12.2008 erwarb die Steuerpflichtige von der H-AG deren Geschäftsanteil und von F einen Geschäftsanteil von 5 %, sodass sie mit insgesamt 95 % an der F-GmbH beteiligt war.

Das Finanzamt setzte daraufhin gegen die Steuerpflichtige Grunderwerbsteuer fest, weil sie durch die Vereinigung von 95 % der Anteile an der F-GmbH den Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verwirklicht hatte. Hiergegen legte die Steuerpflichtige Einspruch ein.

Am 10.2.2010 vereinbarte die Steuerpflichtige mit F die Aufhebung des Kauf- und Abtretungsvertrags sowie die Rückabtretung des Geschäftsanteils von 5 %. Zudem verkaufte F einen Geschäftsanteil von 4,9 % an sie.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass ein Rückwererb von Anteilen nur dann zur Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 2 GrEStG führt, wenn eine vollständige Rückübertragung der Anteile erfolgt.

Der BFH entscheidet, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG aufzuheben ist.

Die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung wurde nur durch den Erwerb des letzten Anteils von F ausgelöst. Dabei war der zum Erwerb dieses Anteils führende Vorgang zwar das die Steuer auslösende Moment. Gegenstand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand.

Die Steuerpflichtige hat durch den Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.12.2008 zunächst den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für die in ihrer Hand eingetretene Anteilsvereinigung war jedoch aufgrund der Aufhebung des Kauf- und Abtretungsvertrags am 10.2.2010 aufzuheben, denn deren Beteilung an der G-GmbH hat sich innerhalb von 2 Jahren seit Entstehung der Steuer auf einen Anteil von 94,9 % ermäßigt.

 

Hinweis

Der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 GrEStG stand nicht entgegen, dass keine vollständige Rückabwicklung sämtlicher Anteilserwerbe erfolgt ist. Entscheidend ist allein, dass aufgrund des Aufhebungs- und Übertragungsvertrags weniger als 95 % der Anteile in der Hand der Steuerpflichtigen vereinigt wurden und dass hinsichtlich des auf F zurückübertragenen Anteils von 0,1 % eine vollständige Rückabwicklung erfolgt ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 11.6.2013, II R 52/12.

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?