Leitsatz

  1. Die rückwirkende Änderung einer auf der Eingabe einer falschen Schadstoffkennziffer beruhenden zu niedrigen Kfz-Steuerfestsetzung kann nicht auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG gestützt werden. Bei der Zuordnung zu einer den Steuersatz bestimmenden Schadstoffklasse i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis e KraftStG handelt es sich nicht um eine Steuerermäßigung im Sinne dieser Vorschrift.
  2. Die Änderung ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 1 Abs. 2 KraftStG geboten. Die in den Fahrzeugpapieren durch eine Kennziffer dokumentierte Feststellung der Zulassungsbehörde zu den Schadstoffemissionen des Kfz stellt einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG dar.
  3. Die Spezialregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG schließt die Anwendbarkeit der Änderungsvorschriften der AO nicht aus.
 

Sachverhalt

Bei Neuzulassung eines Kfz übermittelte die Zulassungsstelle dem Finanzamt elektronisch u.a. den Schadstoffschlüssel. 2002 stellte das Finanzamt fest, dass bei der Steuerfestsetzung nicht dieser Schadstoffschlüssel, sondern aufgrund einer manuellen Eingabe abweichend von den Daten der Zulassungsstelle eine andere Schlüsselnummer zugrunde gelegt worden war. Deshalb setzte das Finanzamt, gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, die Kraftfahrzeugsteuer rückwirkend ab dem Zulassungstag neu fest und forderte den seitdem zu wenig gezahlten Betrag nach.

 

Entscheidung

Der Bescheid ist rechtmäßig. Er ist auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu stützen. Danach ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen wird. Die in den Fahrzeugpapieren aufgeführte Schlüsselnummer stellt einen solchen Grundlagenbescheid dar[1], weil bei Pkw nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG die Feststellungen der Zulassungsbehörde für die Beurteilung der Schadstoffemissionen und für die Beurteilung als schadstoffarm verbindlich sind. Die Änderung ist unabhängig vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens der im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen so lange zwingend geboten, bis der Grundlagenbescheid "richtig" umgesetzt ist; auch Fehler, die bei der Auswertung eines Grundlagenbescheids im Folgebescheid unterlaufen sind, sind also nachträglich richtig zu stellen[2].

 

Praxishinweis

Das KraftStG enthält in § 12 spezielle Änderungsvorschriften. Insbesondere ist die Kraftfahrzeugsteuer neu festzusetzen, wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, eine Steuerermäßigung oder die Nichterhebung der Steuer für Kraftfahrzeuganhänger nicht vorgelegen haben oder nicht vorliegen. Auch die rückwirkende Berichtigung einer rechtsirrig vorgenommenen Steuerfestsetzung ist auf dieser Rechtsgrundlage möglich[3]. Die Schadstoffemission eines Kfz ist jedoch – neben dem Hubraum – Bemessungsgrundlage, nicht Ermäßigungstatbestand. Weitere Änderungstatbestände enthält u.a. § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG bei rückwirkender Korrektur wegen Änderung der Bemessungsgrundlage sowie § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG bei Beseitigung eines Fehlers der bisherigen Festsetzung für die Zukunft.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 17.10.2006, VII R 13/06

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