Leitsatz (amtlich)

Muss ein GmbH-Gesellschafter eine offene Gewinnausschüttung an die GmbH nach § 31 Abs. 1 GmbHG zurückzahlen, so stellt die Rückzahlung nicht nur aus der Sicht der GmbH, sondern auch aus der Sicht des Gesellschafters eine Einlage dar, die nur im Rahmen des § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten des Gesellschafters auf seine Beteiligung an der GmbH berücksichtigt werden kann. Die Rückzahlung führt hingegen nicht zu negativen Einnahmen des Gesellschafters bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Fortführung des BFH-Urteils vom 25.5. 1999, VIIIR 59/97, INF 1999, S. 607).

 

Sachverhalt

Der Kläger war an der X-GmbH zu 45 % beteiligt. Weitere Gesellschafterin der X-GmbH war die R-KG. Am 12.11.1993 veräußerte der Kläger die Beteiligung an der X-GmbH an die R-KG. Die Vertragsparteien vereinbarten u.a., dass der Kläger 29 454 DM an die X-GmbH gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG zurückzahlen sollte. Hintergrund dafür war eine 1992 vorgenommene offene Gewinnausschüttung der X-GmbH an den Kläger in Höhe von 39 272 DM zuzüglich anrechenbarer KSt, die zu einer teilweisen Rückzahlung des Stammkapitals der X-GmbH geführt und damit einen Anspruch der GmbH gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG begründet hatte. Die R-KG führte diesen Betrag für Rechnung des Klägers (unter Anrechnung auf den Kaufpreis für den GmbH-Anteil) 1993 an die X-GmbH ab. Für das Streitjahr 1993 machte der Kläger negative Einnahmen aus Kapitalvermögen von 29 454 DM geltend. Das Finanzamt erkannte die negativen Einnahmen nicht an, sondern qualifizierte sie als Einlage. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Rückzahlung der offenen Gewinnausschüttung durch den Kläger ist nicht als negative Einnahme aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, sondern als Einlage gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG zu behandeln. Sie führt beim Kläger - wie vom Finanzamt bereits berücksichtigt - zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der X-GmbH gemäß § 17 Abs. 2 EStG.

Nach ständiger Rechtsprechung des I. Senats des BFH ist die Rückgewähr von Gewinnausschüttungen durch den Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Einlage gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG zu behandeln[2]

Aus der Sicht des Kapitalgesellschafters ist die Rückzahlung einer - verdeckten wie auch offenen - Gewinnausschüttung ebenfalls als Einlage zu behandeln, wenn die Rückzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Eine derartige Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis besteht nicht nur bei einer auf einer Satzungsklausel beruhenden Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung, sondern auch - wie im Streitfall -bei der Rückzahlung eines offen ausgeschütteten Gewinnanteils an eine GmbH, um deren Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG zu erfüllen. Die Erfüllung des Anspruchs aus § 31 Abs. 1 GmbHG diente der Wiederaufbringung des durch die nach § 30 Abs. 1 GmbHG untersagte Gewinnausschüttung geschmälerten Stammkapitals der Gesellschaft. Dieser Anspruch ist funktional mit dem Einlageanspruch der Gesellschaft zu vergleichen[3] und findet daher - wie auch die Erfüllung dieses Anspruchs - seine Grundlage im Gesellschaftsverhältnis[4].

Ohne eine einheitliche Betrachtung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und auf der Ebene des Gesellschafters könnte es zu einer Besteuerungslücke kommen, wenn die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen gehalten wird und nicht wesentlich i.S. von § 17 Abs. 1 EStG ist. Denn ließe man auf der Ebene des Gesellschafters die steuerliche Berücksichtigung der Rückzahlung als negative Einnahme oder Werbungskosten und damit die "Neutralisierung" der im Ausschüttungsjahr gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erfolgten Besteuerung des Gewinnanteils zu, könnte die Kapitalgesellschaft den bei ihr - aufgrund der steuerlichen Behandlung als Einlage - im EK 04 gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG zu erfassenden Zugang nunmehr nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerfrei an ihren Gesellschafter ausschütten[5].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 29.8.2000 – VIII R 7/99

Anmerkung

Mit dem vorliegenden Urteil hat der VIII. Senat des BFH die im Schrifttum rege umstrittene Frage beantwortet, ob eine aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift oder vertraglicher Regelung vom Anteilseigner sofort an die Kapitalgesellschaft zurück zu gewährende offene oder verdeckte Gewinnausschüttung beim empfangenden Anteilseigner, der seine Beteiligung im Privatvermögen hält, bei Rückzahlung zu einer negativen Einnahme[6] oder lediglich zu - außerhalb des § 17 EStG irrelevanten - nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führt. Er hat sich dabei der Rechtsprechung des I. Senats des BFH angeschlossen, wonach in derartigen Fällen auf der Ebene der Kapitalgesellschaft eine Einlage in das EK 04 anzunehmen ist. Der eigentliche Grund für die Verneinung einer durch die Rückzahlung ausgelösten negativen Einnahme dürfte weniger in dem Argument liegen, dass die Rückgew...

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