Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Die Rückzahlung einer Abfindung ist auch dann im Abflussjahr zu berücksichtigen, wenn die Abfindung im Zuflussjahr begünstigt besteuert worden ist. Eine Lohnrückzahlung ist regelmäßig kein rückwirkendes Ereignis, das zur Änderung des Einkommensteuerbescheids des Zuflussjahres berechtigt.
Sachverhalt
Streitig war, in welchem Kalenderjahr die Rückzahlung einer vom Arbeitgeber im Jahr 01 erhaltenen und dort tarifermäßigt besteuerten Abfindung zu berücksichtigen ist, die im Folgejahr 02 teilweise an den Arbeitgeber zurückgezahlt wurde.
Das Finanzamt hatte die Rückzahlung der Abfindung nicht im Jahr der Rückzahlung steuermindernd berücksichtigt, sondern den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für 01 geändert und die tarifermäßigt besteuerte Abfindung um den Rückzahlungsbetrag gekürzt. Dem ist der BFH nicht gefolgt.
Hinweis
Hat ein Arbeitnehmer in einem nachfolgenden Kalenderjahr eine steuerpflichtige Abfindung teilweise zurückgezahlt, wertet die Finanzverwaltung die Rückzahlung bisher als Korrektur des zunächst erhaltenen Abfindungsbetrags und kürzt dementsprechend die im Jahr 01 tarifbegünstigt besteuerte Abfindung. Falls für dieses Jahr bereits ein bestandskräftiger Steuerbescheid vorliegt, wird dieser nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert, da die Verwaltung die Rückzahlung der Abfindung als Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit behandelt (BMF, Schreiben v. 24.5.2004, BStBl 2004 I S. 505). Diese Sichtweise ist durch die vorliegende Entscheidung des BFH überholt. Danach sind die tatsächlichen Zu- und Abflüsse von Einnahmen und Ausgaben für die Besteuerung entscheidend. Diese tatsächlichen Vorgänge können nicht durch später bewirkte tatsächliche Rückzahlungen ungeschehen gemacht werden.
Die Auffassung des BFH erweist sich in aller Regel als vorteilhaft. Nach der Verwaltungsauffassung wird die ohnehin tarifermäßigt besteuerte Abfindung gekürzt, sodass sich der Rückzahlungsbetrag nicht in Höhe des Regelsteuersatzes, sondern nur in Höhe des ermäßigten Steuersatzes auswirkt. Demgegenüber berücksichtigt der BFH den Rückzahlungsbetrag im Jahr der Rückzahlung mit dem höheren Regelsteuersatz, obwohl der Zufluss seinerzeit (im Jahr 01) nur tarifermäßigt besteuert worden war. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Finanzverwaltung der Sichtweise des BFH anschließt und ihre bundeseinheitliche Regelung aus dem Jahr 2004 entsprechend anpasst. Betroffene sollten sich auf die Entscheidung des BFH berufen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 4.5.2006, VI R 33/03.