Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
- Überlässt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Wohnungen und werden Nebenkosten (zum Teil) nicht erhoben, liegt eine verbilligte Überlassung und damit ein Sachbezug nur vor, soweit die tatsächlich erhobene Miete zusammen mit den tatsächlich abgerechneten Nebenkosten die ortsübliche Miete (Kaltmiete plus umlagefähige Nebenkosten) unterschreitet. Dabei ist jeder Mietwert als ortsüblich anzusehen, den der Mietspiegel im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist (BFH, Urteil v. 17.8.2005, IX R 10/05, BFH/NV 2006 S. 166).
- Bei der Prüfung, ob eine verbilligte Überlassung ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis hat, kann ein gewichtiges Indiz sein, in welchem Umfang der Arbeitgeber vergleichbare Wohnungen auch an fremde Dritte zu einem niedrigeren als dem üblichen Mietzins vermietet (R 8.1 Abs. 6 LStR). Es kann jedoch nicht typisierend davon ausgegangen werden, dass bei einem unter zehn Prozent liegenden Anteil an fremdvermieteten Wohnungen ein Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis besteht.
Sachverhalt
K vermietet 68 Wohnungen an Mitarbeiter sowie an Dritte. Bei ab 2005 abgeschlossenen Mietverhältnissen werden die Kosten für Hausversicherung, Grundsteuer und Straßenreinigung abgerechnet. Soweit diese Kosten nicht abgerechnet wurden, sah das Finanzamt darin geldwerte Vorteile und forderte Lohnsteuer nach. Dagegen wandte sich K zunächst erfolglos.
Entscheidung
Allein daraus, dass bestimmte Mietnebenkosten nicht erhoben werden, kann noch nicht auf einen lohnsteuerlichen Vorteil geschlossen werden. Die unterlassene Umlage bestimmter Nebenkosten kann zum Beispiel durch eine vergleichsweise hohe Kaltmiete ausgeglichen werden. Entscheidend ist, ob die Miete insgesamt die Spanne des ortsüblichen Mietzinses unterschreitet.
Die Verbilligung ergibt sich aus der dem Mietspiegel zu entnehmenden ortsüblichen Miete für vergleichbare Wohnungen, bestehend aus Kaltmiete und umlagefähigen Kosten. Danach liegt eine Verbilligung erst dann vor, wenn die tatsächliche Miete und die tatsächlich abgerechneten Nebenkosten die Spanne der im Mietspiegel ausgewiesenen Mietwerte (Kaltmiete plus umlagefähige Kosten) unterschreiten. Wurde eine Verbilligung festgestellt, ist weiter zu prüfen, ob sie ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass K zur Gleichbehandlung der Mieter, zur Vereinheitlichung und zur Vereinfachung auf die Erhebung der Nebenkosten verzichtet hatte. Ob und inwieweit vergleichbare Wohnungen auch an fremde Dritte zu entsprechenden Konditionen vermietet werden, kann ein gewichtiges Indiz sein. Ein starrer Maßstab wie in R 31 Abs. 6 Satz 6 LStR hat allerdings keine rechtserhebliche Bedeutung.
Schließlich sind noch die besondere Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG sowie die besondere Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG zu prüfen, wenn kein Pauschalierungsantrag gestellt wurde.
Link zur Entscheidung
BFH, 11.5.2011, VI R 65/09.