Leitsatz

Ein Wirtschaftsgut, das dem Vermögen einer GmbH im Rahmen einer Überpari-Emission als Sacheinlage zugeführt worden ist, ist in der Steuerbilanz der GmbH auch im Hinblick auf jenen Teilbetrag des Einbringungswerts, der über den Nennbetrag der Stammeinlageverpflichtung des Einlegenden hinausgeht und nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen ist, nach den für Tauschgeschäfte geltenden Regeln und nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Einlage zu bewerten.

 

Sachverhalt

Eine GmbH wurde 1994 von B als alleinigem Gesellschafter mit einem Stammkapital von 50 000 DM gegründet. Seine Einlage leistete B aufgrund einer Sacheinlagevereinbarung durch Übereignung eines Grundstücks, welches von ihm 1991 mit einem Büro- und Lagergebäude bebaut und langfristig vermietet worden war. Die GmbH übernahm grundpfandrechtlich gesicherte Verbindlichkeiten des B in Höhe von 1 305 406 DM. In ihrer Eröffnungsbilanz zum 1.6.1994 setzte die GmbH Grund und Boden und Gebäude zu dem mit dem Verkehrswert gleichgesetzten Teilwert von 3 700 000 DM an. In Höhe des Betrags, um den dieser Teilwert den Betrag der Stammeinlage und die übernommenen Verbindlichkeiten von 1 305 406 DM überstieg, mithin in Höhe von 2 344 593 DM, wies die Eröffnungsbilanz eine Kapitalrücklage aus. Im Rahmen zweier offener Ausschüttungen zahlte die GmbH im Laufe des Jahres 1995 zu Lasten dieser Kapitalrücklage insgesamt 1,5 Mio. DM an B aus.

Das Finanzamt beurteilte den Einbringungsvorgang dahingehend, dass ein Ansatz des von B errichteten Gebäudes zum Teilwert nur insoweit möglich sei, als die Einbringung entgeltlich, nämlich gegen Anrechnung auf die Stammeinlagepflicht und gegen Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten des B, erfolgt sei. Soweit der Wert der durch Sacheinlage eingebrachten Wirtschaftsgüter dagegen in die Kapitalrücklage eingestellt worden sei (63,37 % des Einbringungswerts), handele es sich um eine verdeckte Einlage, die bezüglich des Gebäudes nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a EStG mit den fortgeschriebenen Herstellungskosten zu aktivieren sei, weil die Zuführung in das Vermögen der GmbH innerhalb von 3 Jahren seit Herstellung erfolgt sei.

Der BFH gibt der GmbH recht. Er entscheidet, dass der Einbringungsvorgang steuerlich als tauschähnliches Geschäft zu werten ist. Der Gesellschafter überträgt den Sachwert auf die Gesellschaft und erhält dafür den Gesellschaftsanteil. Aus Sicht der Gesellschaft liegt das Anschaffungsgeschäft in der Hingabe der Einlageforderung gegen den Empfang des Sachwerts. Dem steht nicht entgegen, dass der Einbringungswert der Sacheinlage den Nennbetrag der Stammeinlage des B überstieg und hinsichtlich des Differenzbetrags (abzüglich der von der GmbH übernommenen Verbindlichkeiten des B) entsprechend der Sacheinlagevereinbarung bei der GmbH eine Kapitalrücklage gebildet worden ist. Ohne Einfluss auf die Beurteilung als entgeltliches Geschäft ist auch der Umstand, dass B die Kapitalrücklage später teilweise aufgelöst und den entsprechenden Betrag entnommen hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 24.4.2007, I R 35/05.

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?