Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Sachzuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich einer Veranstaltung, die sowohl Elemente einer Betriebsveranstaltung als auch einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthält, sind aufzuteilen. Die Aufwendungen für die Durchführung der Gesamtveranstaltung sind nur dann kein Arbeitslohn, wenn die dem Betriebsveranstaltungsteil zuzurechnenden anteiligen Kosten die für die Zuordnung bei Betriebsveranstaltungen maßgebliche Freigrenze nicht überschreiten.
Sachverhalt
Im Urteilsfall führte der Arbeitgeber an Bord eines Ausflugschiffes eine Betriebsversammlung durch, bei der die Beschäftigten auch bewirtet wurden. Abends fand in einem Hotel ein Betriebsfest an. Das Finanzamt behandelte sämtliche Aufwendungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Das FG gab der Klage teilweise statt, vertrat aber die Auffassung, dass es sich um eine Gesamtveranstaltung mit eher gesellschaftlichem Charakter gehandelt habe und eine Aufteilung in einen Seminarteil auf dem Schiff und eine Betriebsveranstaltung an Land nicht in Betracht komme.
Das sah der BFH genauso. Er entschied, dass eine Veranstaltung, die betriebliche und gesellschaftliche Bestandteile wie ein Betriebsfest enthält, in Bezug auf den gesellschaftlichen Teil als Lohnzuwendung zu behandeln ist, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers insgesamt mehr als 110 EUR je Arbeitnehmer betragen.
Hinweis
Ergibt die Gesamtwürdigung, dass die Veranstaltung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt, sondern auch privat (mit)veranlasst ist, handelte es sich nach der früheren Rechtsprechung insgesamt um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Eine Aufteilung der Aufwendungen wurde nur ausnahmsweise zugelassen, wenn sich betriebsfunktionale Kostenelemente, wie z.B. die Miete für Tagungsräume, leicht und eindeutig von den übrigen Aufwendungen mit Entlohnungscharakter abgrenzen ließen. Dieses Aufteilungsverbot hat der BFH 2005 aufgegeben. Seitdem lässt er bei eine Veranstaltungen, die sowohl Elemente beinhaltet, bei denen die betriebliche Zielsetzung des Arbeitgebers im Vordergrund steht, als auch Bestandteile umfasst, deren Gewährung sich als geldwerter Vorteil und damit als Arbeitslohn erweist, eine Aufteilung der Kosten nach objektiven Gesichtspunkten zu. Ist eine genaue Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen nicht möglich, sind diese zu schätzen.
Damit sind die Aufwendungen zunächst um die Kostenteile zu kürzen, die, wie z.B. Miete für den Tagungsraum, Aufwendungen für die Tagungsunterlagen und den Referenten, entweder eindeutig dem nicht besteuerbaren betriebsfunktionalen Bereich zuzuordnen sind oder, wie z.B. Kosten für gemeinsame Feiern und Unterhaltung, eindeutig Entlohnungscharakter haben und damit als geldwerter Vorteil zu erfassen sind. Die danach verbleibenden Kosten, die keinem Bereich zugeordnet werden können, sind im Schätzungswege aufzuteilen. Als Aufteilungsmaßstab ist das Verhältnis der Zeitanteile heranzuziehen, in dem die Veranstaltungs-Bestandteile mit Vorteilscharakter zu denen aus betriebsfunktionalen Gründen stehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 30.4.2009, VI R 55/07.