Leitsatz

Schadensersatz, der einem Steuerpflichtigen infolge einer schuldhaft verweigerten Wiedereinstellung zufließt, ist eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, die bei zusammengeballtem Zufluss tarifbegünstigt zu besteuern ist.

 

Sachverhalt

Als Arbeitnehmer A zu einem neuen Arbeitgeber wechselte, sagte ihm der bisherige Arbeitgeber, eine GmbH, schriftlich zu, ihn nach dem Ausscheiden bei dem neuen Arbeitgeber wieder einzustellen, gegebenenfalls in einem anderen Unternehmen des Konzerns. Als A die Stelle bei dem neuen Arbeitgeber ohne sein Verschulden verlor, lehnte die GmbH seine Wiedereinstellung ab. Mit Schreiben vom 26.10.1992 verlangte A, unter Fristsetzung von 14 Tagen wieder eingestellt zu werden. Nach Ablehnung verurteilte das Arbeitsgericht die GmbH im März 1994 zunächst durch Teilurteil zur Wiedereinstellung, die am 18.4.1995 erfolgte. Im März 1996 verurteilte das Arbeitsgericht die GmbH durch Schlussurteil zum Schadensersatz. A müsse so gestellt werden, als sei er zum 10.11.1992 eingestellt worden. Den von der GmbH daraufhin gezahlten Betrag sah das Finanzamt nicht als begünstigte Entschädigung an. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH sah in der Schadensersatzleistung wegen schuldhafter Verweigerung der zugesagten (Wieder-)Einstellung eine Entschädigung, die dem A als Ersatz für entgangene Einnahmen zugeflossen ist. Als Erfüllung von Gehaltsansprüchen kann die Zahlung nicht angesehen werden, weil ein (neues) Dienstverhältnis mit der GmbH nicht bestanden hat. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts hatte keine gestaltende Wirkung auf das Arbeitsverhältnis. Die GmbH war insoweit nur zur (künftigen) Wiedereinstellung verpflichtet worden. Auch ein faktisches Arbeitsverhältnis hat mangels Beschäftigung des A nicht bestanden. Damit fehlte es an einer Rechtsgrundlage für Vergütungsansprüche. Die Wiedereinstellungsverpflichtung als solche ist keine Rechtsgrundlage für Vergütungsansprüche. Dementsprechend hatte das Arbeitsgericht die GmbH im Schlussurteil auch nicht zur Zahlung von Gehaltsansprüchen, sondern zu einer Schadensersatzleistung verurteilt.

 

Praxishinweis

Über die Abgrenzung von Erfüllungs- und Ersatzleistungen durch einen Arbeitgeber hatte der BFH bislang nur im Zusammenhang mit Zahlungen bei Beendigung eines Dienstverhältnisses zu befinden. Dazu hat er einen ebenso klaren wie einprägsamen Grundsatz entwickelt: Bis zu welchem Zeitpunkt Ansprüche aus dem Dienstverhältnis erfüllt werden, also Erfüllungsleistungen vorliegen, bzw. ab welchem Zeitpunkt Ersatzleistungen erbracht werden, also Entschädigungen vorliegen, richtet sich nach dem Zeitpunkt der wirksamen Vertragsbeendigung[1]. Die Rechtslage im Streitfall entspricht der eines beendeten Dienstverhältnisses. Hier hat während des Zeitraums, für den die GmbH die Zahlungen erbringen musste, ein Dienstverhältnis "noch nicht" (statt "nicht mehr") bestanden. Die Annahme von Erfüllungsleistungen scheidet damit aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 6.7.2005, XI R 46/04

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