Leitsätze (amtlich)
- Behält der Zuwendende, der seinem Sohn ein Grundstück schenkt, einen lebenslänglichen Nießbrauch daran vor, und übernimmt er die anfallende Schenkungsteuer, ist die gemäß § 10 Abs. 2 ErbStG dem Erwerb hinzuzurechnende Steuer nach dem gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG sofort zu zahlenden Steuerbetrag zuzüglich eines Betrages in Höhe des Ablösungsbetrages nach Satz 3 der Vorschrift zu berechnen.
- Dies gilt unabhängig sowohl davon, ob der Zuwendende seinerseits von der Ablösung nach § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG Gebrauch macht, als auch davon, ob der Sohn die Ablösung gewählt hätte, wenn die Steuer von ihm zu tragen gewesen wäre.
Sachverhalt
Durch 1993 notariell beurkundeten Vertrag übertrug der Kläger ein Grundstück schenkweise auf den Sohn, behielt sich aber einen lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstück vor. Außerdem übernahm er die anfallende Schenkungsteuer. Gegen die Steuerfestsetzung wendete der Kläger ein, der in der Übernahme der Steuer liegende weitere schenkweise Erwerb sei gemäß § 10 Abs. 2 ErbStG 1974 entgegen H 27 ErbStH 1999 nicht mit dem sich aus § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ergebenden vollen Steuerbetrag, sondern lediglich mit dem sofort zu entrichtenden Teilbetrag zuzüglich des Ablösungsbetrags nach § 21 Abs. 1 Satz 3 ErbStG anzusetzen. Das FG gab der Klage statt. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
Das FG hat zutreffend den mit der Übernahme der Schenkungsteuer durch den Kläger bewirkten zusätzlichen Erwerb nur mit dem Betrag angesetzt, der sich aus der Addition der gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG 1974 sofort zu zahlenden Steuer und eines Betrages in Höhe des Ablösungsbetrages gemäß Satz 3 der Vorschrift ergibt. Dieser Ansatz wäre selbst dann richtig, wenn sich der Kläger nicht für eine Ablösung nach § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG 1974 entschieden hätte. Denn die zu stundende Steuer hätte den beschenkten Sohn ohne deren Übernahme durch den Kläger im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung der Hauptsache nur in Höhe des nach § 12 Abs. 3 BewG zu berechnenden abgezinsten Betrages belastet. Auch dies gilt unabhängig davon, ob der Sohn seinerseits von der Ablösungsmöglichkeit des § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG 1974 Gebrauch gemacht hätte oder nicht.
Bei einer freigebigen Zuwendung sind gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 sowohl der Beschenkte als auch der Schenker Steuerschuldner (Gesamtschuldner). Im Regelfall ist die Steuer im Innenverhältnis vom Beschenkten zu tragen. Daher kommt der Vorschrift des § 10 Abs. 2 ErbStG 1974, wonach die Übernahme der Steuer durch den Schenker als weiterer schenkweiser Erwerb gilt, regelmäßig nur deklaratorische Bedeutung zu. Von konstitutiver Bedeutung ist die Vorschrift dabei nur (negativ) insoweit, als sie verhindert, fortlaufend die Steuer auf die übernommene Steuer als weitere freigebige Zuwendungen erfassen zu müssen. Für den Bereich ihrer deklaratorischen Bedeutung bleibt die Vorschrift den Voraussetzungen verhaftet, die gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 für eine freigebige Zuwendung erforderlich sind und wonach der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert sein muss. Dem steht im Gegensatz zur Auffassung des Finanzamts die Formulierung in § 10 Abs. 2 ErbStG 1974, wonach im Falle der Übernahme der Steuer durch den Beschenkten als Erwerb der Betrag gilt, der sich bei einer Zusammenrechnung des Erwerbs nach Abs. 1 der Vorschrift mit der aus ihm errechneten Steuer ergibt, nicht entgegen. Dem Begriff des "Errechnens" kommt insoweit keine den Zuwendungstatbestand ausweitende, sondern lediglich die oben beschriebene einschränkende Wirkung, die fortlaufende Erfassung der Steuer von der Steuer zu verhindern, zu.
Für Sachverhalte, die - wie im Streitfall - sowohl dem § 10 Abs. 2 ErbStG 1974 als auch dem § 25 Abs. 1 des Gesetzes unterfallen - weil einerseits Vermögen erworben wird, dessen Nutzung dem Schenker oder seinem Ehegatten zusteht, und andererseits der Schenker die Steuer übernommen hat -, folgt daraus, dass die errechnete Steuer i.S. des § 10 Abs. 2 ErbStG 1974 unabhängig davon, ob der Beschenkte ohne die Übernahme der Steuer durch den Schenker von der Möglichkeit der Ablösung nach § 25 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte oder nicht, nur die nach dieser Vorschrift sofort zu zahlende Steuer zuzüglich des Ablösungsbetrages sein kann. Denn nur in diesem Umfang ist der Beschenkte durch die Übernahme der Steuer i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 bereichert. Selbst wenn der Beschenkte es ohne die Übernahme der Steuer durch den Schenker bei der zinslosen Steuerstundung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 belassen hätte, wäre er im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung der Hauptsache neben der sofort zu zahlenden Steuer nicht in Höhe des gestundeten Steuerbetrages, sondern nur in Höhe des auf diesen Ausführungszeitpunkt abgezinsten Betrages belastet gewesen. Infolge dessen kann er durch die Übernahme der Steuer durch den Schenker auch nur in Höhe dieses abgezinsten Betrages bereichert sein.
Link z...