Ermittlung des Gesamterwerbs

Dem jeweils letzten Erwerb in der 10-Jahresreihe werden die früheren Erwerbe mit ihren früheren Werten hinzugerechnet und hiervon die Steuer nach geltendem Recht berechnet (1. Schritt). Grundstückserwerbe vor dem 1.1.2009 werden also noch mit den alten Grundbesitzwerten angesetzt (ermittelt nach dem Vierten Abschnitt des BewG).[1] Eingetretene Wertänderungen bleiben unberücksichtigt.

Ermittlung der fiktiven Vorerwerb-Steuer

Von der Steuer für den Gesamtbetrag nach dem 1. Schritt wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs, also nach den ab 1.1.2009 geltenden Steuerklassen und Steuersätzen zu erheben gewesen wäre (2. Schritt).[2] Diese fiktive Steuer stimmt nur bei unverändert gebliebenen Steuerklassen, Freibeträgen und Steuersätzen und damals richtig festgesetzter Steuer mit der für die früheren Erwerbe festgesetzten Steuer überein. War sie für den Vorerwerb falsch berechnet, ist sie selbst bei bestandskräftiger Festsetzung mit dem richtigen Betrag in die Zusammenrechnung einzubeziehen.[3]

Abzug der tatsächlich höheren Vorerwerb-Steuer

Ist die tatsächlich zu entrichtende Steuer für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe höher als die nach dem 2. Schritt fiktiv zu ermittelnde Steuer zur Zeit des Letzterwerbs, ist die höhere Steuer abzuziehen.

Mindeststeuer

Mindestens ist die Steuer zu entrichten, die sich für den letzten Erwerb ohne Zusammenrechnung mit früheren Erwerben ergibt.[4]

Ansatz nur positiver Erwerbe

Erwerbe, für die sich nach steuerlichen Bewertungsgrundsätzen kein positiver Wert ergeben hat, bleiben unberücksichtigt.

Einbeziehung quantitativer Befreiungen

Erwerbe, die durch betragsmäßig festgelegte Abzugsbeträge wie z. B. die Befreiungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder § 16 ErbStG (sog. quantitative Befreiungen) zu keiner Steuer geführt haben, sind in die Zusammenrechnung einzubeziehen, nicht aber sog. qualitative Befreiungen, z. B. § 13 Abs. 1 Nr. 2–5, 7, 8, 10 ff. ErbStG.

Begrenzung der Steuerbelastung

Die durch jeden weiteren Erwerb veranlasste Steuer darf nicht mehr als 50 % dieses Erwerbs betragen.[5]

 
Praxis-Beispiel

2 Schenkungen im 10-Jahreszeitraum

A schenkte seinem Sohn im Jahr 2006 ein Einfamilienhaus mit einem Steuerwert von 250.000 EUR und im Jahr 2012 Barvermögen von 300.000 EUR.

Lösung

 
Erwerb 2006    
Einfamilienhaus 250.000 EUR  
Persönlicher Freibetrag ./. 205.000 EUR  
Steuerpflichtiger Erwerb 45.000 EUR  
Steuersatz 7 %    
Steuer 2006 3.150 EUR  
     
Gesamterwerb 2012    
Barvermögen 2012 300.000 EUR  
Einfamilienhaus 2006 + 250.000 EUR  
Gesamterwerb 550.000 EUR  
Persönlicher Freibetrag ./. 400.000 EUR  
Steuersatz 11 % aus 150.000 EUR  
Steuer auf Gesamterwerb   16.500 EUR
     
Fiktive Steuer 2012 auf Vorerwerb 2006    
Einfamilienhaus 2006 250.000 EUR  
Persönlicher Freibetrag ./. 400.000 EUR  
Steuerpflichtiger Erwerb 0 EUR  
Fiktive Steuer 2006 0 EUR  
Anzurechnen ist die höhere tatsächliche Steuer 2006   ./. 3.150 EUR
     
Steuer 2012 vor Mindeststeuer   13.350 EUR
     
Mindeststeuer 2012    
Barvermögen 2012 300.000 EUR  
Persönlicher Freibetrag ./. 400.000 EUR  
Steuerpflichtiger Erwerb 0 EUR  
Steuer nur auf Barvermögen 2012 0 EUR  
     
Festzusetzende Steuer 2012   13.350 EUR

Keine Anrechnung im Sinne von Vorauszahlung

Da die Vorerwerbe selbstständig bereits der Steuer unterlagen, muss von der Steuer auf den Letzterwerb ein Steuerbetrag abgezogen werden, der rechnerisch der Steuerbelastung auf die Vorerwerbe entspricht. Dabei handelt es sich nicht um eine Anrechnung in dem Sinne, dass die Steuer auf den Vorerwerb als eine Art Vorauszahlung zu behandeln wäre. Ist die auf die Vorerwerbe entfallende Steuer höher als die für den Gesamterwerb errechnete Steuer, kann es deshalb nicht zu einer Erstattung der Mehrsteuer kommen. Die Steuer für den Letzterwerb ist in diesem Fall auf 0 EUR festzusetzen.[6]

 
Praxis-Beispiel

Schenkungsteuer auf Gesamterwerb niedriger als die auf den Vorerwerb

Es sollen betragen:

 
Steuer für den Gesamterwerb 7.000 EUR
Fiktive Steuer 0 EUR
Anzurechnende höhere tatsächliche Steuer 21.700 EUR
Festzusetzende Steuer beträgt 0 EUR

Die über 0 EUR hinausgehende "Mehrsteuer" von 21.700 ./. 7.000 EUR = 14.700 EUR wird nicht erstattet.

Aufstockung möglich

Zulässig ist es, den "Anrechnungsüberhang" – im o. a. Beispiel von 14.700 EUR – für eine Aufstockung der Zuwendung innerhalb des laufenden 10-Jahreszeitraums zu verwenden. Dabei kann dies durch eine einzige Nachschenkung oder durch mehrere Nachschenkungen geschehen, bis der Anrechnungsüberhang aufgezehrt ist.

Taggenaue Berechnung

Die 10-Jahresfrist ist immer nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld zu bestimmen, also nicht nach dem Ablauf des Kalenderjahres.

[1] R E 14.1 Abs. 2 ErbStR.
[2] R E 14.1 Abs. 3 ErbStR.
[4] R E 14.3 Abs. 1 ErbStR.
[6] BFH...

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