Durchgangs- oder Mittelsperson
Bei einer Kettenschenkung wird der Gegenstand der Schenkung vielfach aus Gründen der Steuerersparnis nicht direkt, sondern auf dem Umweg über eine zwischengeschaltete Person, dem Letztempfänger, zugewendet. Dabei ist der erste Empfänger nicht bereichert, wenn er nur Durchgangs- oder Mittelsperson ist und das Erhaltene aufgrund eines einheitlichen Schenkungsvorgangs an einen Dritten weitergeben muss, ohne dass für ihn eine Bereicherung verbleibt. Auch eine Schenkung der Mittelsperson an den Dritten kommt nicht in Betracht. Wegen der Verpflichtung der Durchgangs- oder Mittelsperson zur Weitergabe ist schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten gegeben.
Kettenschenkung
Ein Vater schenkt seinen beiden Töchtern je 450.000 EUR in 2 an einem Tag hintereinander abgeschlossenen notariellen Schenkungsverträgen. Im Anschluss hieran schenkt er in einer weiteren Urkunde seiner Ehefrau 100.000 EUR. Der Vertrag enthält seinem Wortlaut nach keine Absprache über die Verwendung des empfangenen Betrags. Aus den Umständen folgt jedoch, dass die Mutter den Betrag von 100.000 EUR nur erhalten hat, um jeweils 50.000 EUR an ihre beiden Töchter weiterzugeben. Sie ist ohne eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich des Geldes verpflichtet, den von ihrem Ehemann erhaltenen Betrag an ihre beiden Töchter weiterzuleiten.
Lösung
Besteuert werden als einheitliche Schenkungsvorgänge nur die beiden Erwerbe Vater/Tochter mit je 100.000 EUR (450.000 EUR + 50.000 EUR ./. 400.000 EUR persönlicher Freibetrag).
Gestaltungsmissbrauch
Kettenschenkungen empfehlen sich rein steuerlich gesehen regelmäßig nicht
Liegt kein einheitlicher Schenkungsvorgang vor, kann bei einer Mehrheit von Verträgen gleichwohl nur ein einziger Vorgang zu besteuern sein, wenn sich die mehreren Verträge als Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO erweisen. Das muss das Finanzamt jedoch nachweisen.
Außersteuerliche Beweggründe beachtlich
Die rechtliche Verpflichtung des zunächst Bedachten zur Weitergabe führt jedoch dann nicht zu einer Schenkung unter einer Auflage, wenn es dem Beschenkten freisteht, den Zeitpunkt der Weiterübertragung selbst zu bestimmen. Hier beruht die Weiterübertragung auf einem eigenen Entschluss des Beschenkten, nicht auf einem Entschluss des ersten Schenkers. Kann die Behauptung des zunächst Bedachten, die zweite Schenkung sei auf seinen eigenen Entschluss erfolgt, nicht durch das Finanzamt widerlegt werden, ist nicht von einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung auszugehen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen glaubwürdig vorgetragen wird, dass beachtliche nichtsteuerliche Beweggründe Anlass zu der besonderen Vertragsgestaltung waren.
Nachweis durch das Finanzamt
Die Frage, ob dem Finanzamt der in der Tat schwer zu führende Nachweis eines Gestaltungsmissbrauchs gelingen wird, hängt also sehr davon ab, wie die Behauptung, die zweite Schenkung in der Kette sei aus eigenem Entschluss des Erstbedachten erfolgt, an Glaubwürdigkeit untermauert werden kann und welche außersteuerlichen Gründe dabei vorgebracht werden können.
Kettenschenkung ohne rein steuerlichen Grund
Eltern schenken ein Grundstück ihrem Sohn, der in gleicher Urkunde eine Miteigentumshälfte an seine Ehefrau weiter überträgt. Das Grundstück wird unmittelbar auf beide Erwerber aufgelassen. Begründet wird die nicht unmittelbare Übertragung auf die Schwiegertochter mit der späteren Anrechnung auf den Pflichtteil des Sohnes.
Rechtsfolgen bei Missbrauch
Kann das Finanzamt einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO nachweisen, sind die Rechtsfolgen die gleichen wie bei der einheitlichen Vertragsgestaltung: Besteuert wird nur nach dem Verhältnis des Schenkers zum Letzterwerber. Auch hier fallen also die Zwischenglieder der Kette für die Besteuerung weg.