Ob ein Versicherungsnehmer der Gebäudeversicherung bei einer bloßen optischen Beeinträchtigung (Schönheitsschaden) einen Anspruch auf Erstattung von Reparaturkosten hat oder ob er auf eine bloße Wertminderung verwiesen werden kann, kann nur im Einzelfall ermittelt werden.

Versicherung zum gleitenden Neuwert

Der Kläger hatte im Rahmen der Wohngebäudeversicherung die auf seinem Grundstück gelegenen Baulichkeiten zum gleitenden Neuwert gegen die Risiken Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel versichert. Auf der Rückseite der versicherten Gebäude befanden sich insgesamt 3, im Schadenszeitpunkt rund 4 Jahre alte Aluminium-Rolltore, eines vor einer Werkstatt, die beiden anderen vor 2 zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten, wobei die letztgenannten Rolltore als Jalousien genutzt wurden.

Schaden durch Hagelschlag

Ein Hagelschlag hatte u. a. zu einer Beschädigung der Garagentore geführt. Über die Kosten eines Austauschs der Tore, die unstreitig Vorschäden in Form von Einschusslöchern bzw. Farbabschürfungen aufwiesen, lagen 2 Angebote vor, welche sich auf insgesamt auf netto 5.624 EUR beliefen.

Streit um Regulierungshöhe

Die Beklagte regulierte den Schaden an den Rolltoren mit lediglich 584,23 EUR und begründete dies damit, dass die durch das Schadensereignis verursachten Schäden kaum auffallen würden, die Funktionsfähigkeit der Tore durch sie nicht beeinträchtigt sei und die nur bei einem Betrachtungsabstand von weniger als 5 Metern überhaupt erkennbaren Dellen im Zusammenhang mit der Vermietbarkeit des Objekts unerheblich seien.

Der Kläger begehrte vom Versicherer weitere Entschädigungsleistungen in Höhe von 5.039,77 EUR.

Das OLG Hamm entschied, dass dem Kläger ein weiterer Entschädigungsanspruch in Höhe von 2.231,77 EUR aus Anlass des Hagelschadensereignisses zustehe.

Schönheitsschaden

In der Gebäudeversicherung habe der Versicherer bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls zuzüglich einer durch die Reparatur nicht ausgeglichenen Wertminderung zu ersetzen. Das Hagelschadensereignis habe die Funktionsfähigkeit der Rolltore zwar an sich nicht beeinträchtigt, sodass ein sog. Schönheitsschaden vorliege. Die Frage, ob dem Versicherungsnehmer einer Gebäudeversicherung bei einem derartigen Schaden ein Anspruch auf Ersatz der Erstattung der Reparaturkosten oder nur ein Anspruch auf eine Wertminderung zustehe, entziehe sich indes allgemeingültigen Bewertungsmaßstäben.

Bei der Entscheidung komme es u. a. darauf an, ob der Versicherungsnehmer bei Abwägung aller Einzelfallumstände auch als nicht versicherter Gebäudeeigentümer bei verständiger Würdigung eine Reparatur vornehmen würde oder ob es sich um einen von ihm betriebenen Luxusaufwand handele, dessen Ersatz der Versicherer nicht schulde. Bei bloßen optischen Beeinträchtigungen könne dem Funktionszweck der beschädigten Sache sowie der Art, Größe und örtlichen Lage der Schadenstelle Bedeutung zukommen und der bisherige Zustand der betroffenen Sache zu berücksichtigen sein.

Wie optische Beeinträchtigungen zu werten sind

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehme der Klausel zur Entschädigungsberechnung, mit der der Versicherer Ersatz der notwendigen Reparaturkosten verspreche, zunächst eine Begrenzung auf die Erforderlichkeit der Kosten zur Schadensbeseitigung. Darüber hinaus werde er eine Notwendigkeit in eng begrenzten Ausnahmefällen, in denen die Kosten der Beseitigung einer Substanzbeeinträchtigung der versicherten Sache völlig unverhältnismäßig seien, sodass kein Gebäudeeigentümer vernünftigerweise eine Schadensbeseitigung vornehmen würde, verneinen.

Abwägung aller Umstände

Gemessen an diesen Grundsätzen konnte der Kläger – so das OLG – bei Abwägung aller Umstände für das vor der Werkstatt befindliche Rolltor, welches vor dem Hagelereignis lediglich normale Gebrauchsspuren aufwies, nun aber 83, zum Teil sehr deutlich sichtbare Dellen hatte, die Kosten des Austauschs verlangen. Eine Entschädigung für das linke als Jalousie genutzte Rolltor, das in dem durch Hagel beschädigten Teil bereits im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls erhebliche Vorschäden aufgewiesen hatte, verneinte das Gericht. Hinsichtlich des rechten als Jalousie genutzten Rolltors sei der Kläger auf eine Wertminderung zu verweisen, da nach seinem eigenen Vorbringen eine Reparatur der geringfügigen Schäden mit Blick auf eine innenliegende abgehängte Decke derart aufwendig wäre, dass jeder vernünftige Gebäudeeigentümer von einer Schadensbehebung absehen würde.

(OLG Hamm, Urteil v. 4.11.2015, 20 U 51/15)

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