Leitsatz

  1. Hat der Steuerpflichtige (betrieblich beteiligter Gesellschafter einer GmbH) oder eine diesem nahe stehende Person die Bürgschaft für Schulden der GmbH übernommen und löst der Bürge die Bürgschaft durch eine befreiende Übernahme der Hauptschuld ab, so führt diese Schuldübernahme nur insoweit zu einer (mittelbaren) verdeckten Einlage des Gesellschafters in das Vermögen der GmbH und damit zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters auf seine GmbH-Beteiligung, als der im Zeitpunkt der Ablösung der Bürgschaft bestehende Freistellungsanspruch des Bürgen gegen die GmbH (Hauptschuldnerin) noch werthaltig war.
  2. Zu den Voraussetzungen, unter denen Aufwendungen des Nicht-Gesellschafter-Ehegatten, die dieser ohne eigenwirtschaftliches Interesse zur Förderung der betrieblichen Beteiligung des anderen Ehegatten an einer Kapitalgesellschaft tätigt, zu Betriebsausgaben des Gesellschafter-Ehegatten führen.
 

Sachverhalt

S betrieb in den Streitjahren 1989 bis 1991 ein gewerbliches Einzelunternehmen und ermittelte den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Das Einzelunternehmen vermietete Maschinen an die R-GmbH, an der S mit 49 % beteiligt war. Die Beteiligung gehörte zum Betriebsvermögen. Im Dezember 1988 wurde die R-GmbH vollbeendet. 1986 hatte sich S für Bankkredite der R-GmbH, 1987 ihr Ehemann, der an der R-GmbH nicht beteiligt war, für andere Bankschulden der GmbH verbürgt. Im Dezember 1989 löste der Ehemann seine Bürgschaftsverpflichtung dadurch ab, dass er die entsprechende Bankschuld als Alleinschuldner übernahm. Die Eheleute erstrebten den Abzug der Bürgschaftsaufwendungen von S sowie der vom Ehemann übernommenen Schuld nebst Zinsen als Betriebsausgaben. Das Finanzamt lehnte dies ab. Das FG bestätigte die Verwaltungsentscheidung. Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung an das FG.

 

Entscheidung

Die von S übernommene Bürgschaft war durch ihren Betrieb veranlasst. Denn diese Bürgschaft diente der Stützung der mit ihrem Einzelunternehmen durch intensive geschäftliche Beziehungen verbundenen R-GmbH und damit zugleich der Stärkung der zum Betriebsvermögen gehörenden Beteiligung an dieser GmbH. Die Inanspruchnahme von S aus der Bürgschaft führte nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten ihrer Beteiligung an der R-GmbH[1]. Vielmehr erwarb sie infolge der Zahlungen auf die Bürgschaft die auf sie übergehende Hauptforderung gegen die GmbH[2], die bei ihr ein eigenes betriebliches Wirtschaftsgut bildete. Sobald und soweit diese Forderung gegen die GmbH nicht mehr werthaltig war, konnte S eine entsprechende Betriebsausgabe abziehen.

Die Schuldübernahme durch den Ehemann führte nicht zu einer mittelbaren verdeckten Einlage der S in die R-GmbH mit der Folge, dass ihr nachträgliche Anschaffungskosten auf ihre Beteiligung entstanden wären. Diese Schuldübernahme diente der Ablösung der vom Ehemann bereits in einem früheren Zeitpunkt eingegangenen Bürgschaft für die GmbH. Hätte der Ehemann die Schuld der GmbH nicht übernommen, so wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ihn die Gläubigerin aus der Bürgschaft in Anspruch genommen hätte. Die Ablösung der Bürgschaft durch die Schuldübernahme führte deswegen beim Ehemann lediglich zu einer Umschuldung, indem an die Stelle der mit einem nicht mehr werthaltigen Regressanspruch gegen die bereits vollbeendete R-GmbH verbundenen Bürgschaftsverpflichtung eine andere, ihn gleichwertig belastende Verbindlichkeit trat.

S kann die von ihrem Ehemann auf dessen eigene Verbindlichkeiten geleisteten Zahlungen nach den Grundsätzen über die Nichtabziehbarkeit des Drittaufwands nur dann als Betriebsausgabe abziehen, wenn sie ihrem Ehemann diese Zahlungen aus eigenen Mitteln erstattet hat[3].

 

Praxishinweis

Verzichtet der betrieblich beteiligte Gesellschafter einer GmbH oder eine ihm nahe stehende Person im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis auf eine ihm zustehende Forderung – hier: Regressforderung aus einer Bürgschaft – gegen die GmbH[4], kommt eine verdeckte Einlage nach den vom BFH[5] entwickelten Grundsätzen nur insoweit in Betracht, als die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltig war. Entsprechende Grundsätze gelten nach dem Besprechungsurteil auch dann, wenn der Verzicht dadurch bewirkt wird, dass der Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person zwecks Ablösung der Bürgschaftsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger die Schuld der GmbH mit befreiender Wirkung im Außenverhältnis übernimmt. Entsprechendes muss m.E. entgegen dem Beschluss des BFH vom 20.12.2001[6] aber auch dann gelten, wenn die Schuldübernahme zwecks Ablösung der Bürgschaftsverpflichtung lediglich im Innenverhältnis des Bürgen gegenüber der Hauptschuldnerin, d.h. im Wege der sog. Erfüllungsübernahme i.S. von § 415 Abs. 3 BGB, erfolgt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 31.5.2005, X R 36/02

[1] Zur näheren Begründung vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2001, VIII R 27/00, BStBl II 2002, S. 733 = INF 2002, S. 282
[3] Vgl. z.B. BFH-Urteil vo...

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