Leitsatz (amtlich)

Nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen sind als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, wenn mit dem Kredit Aufwendungen finanziert worden sind, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren.

 

Sachverhalt

Die Kläger waren Eigentümer eines 1980 angeschafften und seitdem vermieteten Einfamilienhauses, das sie 1984 veräußerten. Sie zahlten im Streitjahr 1985 noch Schuldzinsen von 3 865 DM für Kredite, mit denen sie während der Vermietung dieses Hauses sofort abziehbare Werbungskosten darstellende Aufwendungen finanziert hatten. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten ab. Das FG bestätigte die Verwaltungsentscheidung. Die Revision der Kläger hatte dagegen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat zu Unrecht den Abzug von nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit gezahlten Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt. Die strittigen Zinsen sind als Werbungskosten abziehbar, weil die Kläger mit dem Kredit während der Vermietungsphase als Werbungskosten sofort abziehbare Aufwendungen finanziert haben.

Allerdings sind nach ständiger Rechtsprechung Schuldzinsen eines Kredits zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes nach dessen Veräußerung keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Sie stehen nicht mehr mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG. Der wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung besteht nur solange, wie das mit Kredit finanzierte Gebäude Vermietungszwecken gewidmet ist[1]. Reicht der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung des Kredits aus, sind die vom Steuerpflichtigen zu zahlenden Zinsen Gegenleistung für die Überlassung von Kapital, das aufgrund eines nicht steuerbaren Verlustes im privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient[2]. Die Annahme eines - kreditfinanzierten - nicht steuerbaren Verlustes in der privaten Vermögenssphäre scheidet jedoch aus, wenn der Steuerpflichtige während der Vermietungstätigkeit Aufwendungen mit Kredit finanziert, die als Werbungskosten sofort abziehbar sind. Die während der Vermietungstätigkeit getätigten sofort abziehbaren Werbungskosten betreffen nur die Einkunftssphäre. Der durch die tatsächliche Verwendung des Kredits geschaffene wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bleibt auch nach der Veräußerung des Wirtschaftsgutes bestehen und die nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit anfallenden Kreditzinsen sind als nachträgliche Werbungskosten abziehbar.

Dass der Kredit tatsächlich zur Finanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten verwendet worden ist, hat der Steuerpflichtige - nachprüfbar - darzulegen und nachzuweisen. Dies gilt um so mehr, wenn er die Fremdfinanzierung von Kosten wie kleineren Erhaltungsaufwendungen behauptet, die üblicherweise aus Eigenmitteln bestritten werden. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs trägt der Steuerpflichtige.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 16.9.1999 - IX R 42/97

Anmerkung

In dieser Entscheidung hat der BFH - soweit ersichtlich - erstmals ausdrücklich zu dem Problem Stellung genommen, ob Schuldzinsen für Kredite, die der Finanzierung von (sofort abziehbaren) Werbungskosten dienen, auch nach der Beendigung der Einkünfteerzielung und damit nach dem Wegfall der Einkunftsquelle als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können. Der IX. Senat hat dies bejaht. Er vertritt offensichtlich die Auffassung, dass der Steuerpflichtige - anders als im Bereich der betrieblichen Einkünfte - nicht verpflichtet ist, den Erlös aus der Veräußerung des als Einkunftsquelle dienenden Gebäudes zur Ablösung der betreffenden Kredite zu verwenden. Es bleibt abzuwarten, ob sich die übrigen mit der Besteuerung der Überschusseinkünfte befassten Senate des BFH dieser Ansicht anschließen werden[3].

[3] Ebenso wie der IX. Senat im vorliegenden Urteil: Meyer, Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten - ein Dauerproblem in Rechtsprechung und Schrifttum, StBp 1995, S. 30, 33 f.

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