Leitsatz

Schuldzinsen, die der Erwerber eines zum Vermieten bestimmten Grundstücks vereinbarungsgemäß für den Zeitraum nach dem Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren bis zur später eintretenden Fälligkeit des Kaufpreises an den Veräußerer erstattet, sind als Werbungskosten abziehbar.

 

Sachverhalt

Eine GbR erwarb ein Grundstück mit unfertigen Gebäuden zur Fertigstellung eines Einkaufzentrums und Vermietung an gewerbliche Mieter. Zeitpunkt des Gefahrübergangs, d.h. des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten, war der 1.11. Ab diesem Zeitpunkt musste die GbR den Kaufpreis verzinsen, und zwar in Höhe der Zinsen, die der Veräußerer seinem Kreditinstitut schuldete. Der Kaufpreis wurde durch den Notar am 16.12. fällig gestellt. Die vor Fälligkeit an den Veräußerer gezahlten Zinsen machte die GbR ohne Erfolg als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der BFH folgte dagegen der Rechtsansicht der GbR.

 

Entscheidung

Schuldzinsen, die schon vor Beginn der Einkünfteerzielung anfallen, können als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Einkunftsart besteht. Sie sind aber trotz eines derartigen Zusammenhangs nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn sie als Anschaffungskosten zu beurteilen sind. Entscheidend dafür ist, ob die Zahlung bei wirtschaftlicher Betrachtung des gesamten Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital zur Finanzierung der Anschaffungskosten angesehen werden kann, so dass Finanzierungskosten des Erwerbers vorliegen, oder ob sich der Veräußerer nur seine eigenen Aufwendungen für die Baukostenfinanzierung ersetzen lässt; dann handelt es sich um Anschaffungskosten des Erwerbers. Die Rechtsprechung hat Schuldzinsen bisher zu den Anschaffungskosten gerechnet, wenn sie vor Übergabe einer Immobilie an den Erwerber entstanden sind. Unzutreffend ist es allerdings, die Abziehbarkeit von Schuldzinsen allein von der Fälligkeit des Kaufpreises abhängig zu machen; auch Bereitstellungszinsen sind Werbungskosten. Im Entscheidungsfall sind die Schuldzinsen abziehbar, weil die Gefahr bereits auf die GbR übergegangen war und die Schuldzinsen auf den Zeitraum danach entfallen. Die Fälligkeit wurde verzinslich aufgeschoben, um zur Absicherung der GbR zunächst bestimmte grundbuchrechtliche Voraussetzungen abzuwarten. Den Ausgleich dafür bildeten die Zinsen. Sie wurden für die faktische Kreditierung des Kaufpreises durch den Veräußerer geschuldet.

 

Praxishinweis

Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung kommt es für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen ganz maßgebend auf die vertraglichen Vereinbarungen an. Die Beteiligten des Grundstückskaufvertrags können den steuerrechtlich bedeutsamen Sachverhalt gestalten. Die Zahlung muss sich bei wirtschaftlicher Betrachtung des gesamten Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital zur Finanzierung der Anschaffungskosten darstellen. Wichtig ist vor allem, ob die Zinsen für einen Zeitraum anfallen, der nach dem Gefahrübergang liegt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.7.2004, IX R 32/01

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