Leitsatz

Ein Sonderausgabenabzug von Schulgeldzahlungen kommt ab Beginn der Schulpflicht einschließlich des Besuchs von Vorschulen in Betracht.

 

Sachverhalt

Die beinahe 3-jährige Tochter besuchte in Hamburg eine als allgemein bildende Ergänzungsschule anerkannte Privatschule. Vor Beginn der Schulpflicht können die Kinder diese Schule bereits ab dem Alter von 3 Jahren in den Stufen "Primary 1" bis "Primary 3" besuchen. Ab dem Alter von 6 Jahren treten sie in die Klassen "Grade 1" bis "Grade 12" ein. Die Eltern leisteten 7850 DM an die Schule, von denen sie 30 % = 2355 DM als Sonderausgabe beantragten.

Der BFH lehnt diese Zahlungen als Sonderausgabe ab. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG können 30 % des Entgelts für den Besuch einer staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bildenden Ergänzungsschule als Sonderausgabe abgezogen werden. Ausgenommen ist das Entgelt für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Abziehbar sind die Kosten des normalen Schulbetriebs einer Privatschule, soweit sie auch in einer staatlichen Schule Kosten des jeweiligen Schulbetriebs darstellen. Aufwendungen für Schulbücher und kostenpflichtige Kurse und Klavierunterricht an Privatschulen sind nicht abziehbar, da derartige Kosten in einigen Bundesländern auch an staatlichen Schulen anfallen und nicht als Sonderausgabe abgezogen werden können.

Ein vergleichbarer Unterricht wie in der "Primary 1" wird in einer staatlichen Schule in Hamburg nicht angeboten. Vielmehr stehen von der öffentlichen Hand für Kinder in einem vergleichbaren Alter Kindergartenplätze zur Verfügung. Die Beiträge hierfür können nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. Sowohl die Kindergärten als auch die Eltern, die ihre Kinder in Kindergärten schicken, wären benachteiligt, wenn das Entgelt für den Besuch der "Primary 1" als Schulgeld angesehen werden würde. Darüber hinaus steht bei Kleinkindern naturgemäß deren Betreuung im Vordergrund, und Kosten für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung sind vom Sonderausgabenabzug ausgenommen.

Schulgeld kann regelmäßig erst mit dem Beginn der öffentlich-rechtlichen Schulpflicht und der Möglichkeit des Zugangs zu öffentlichen Schulen einschließlich öffentlicher Vorschulen als Sonderausgabe abgezogen werden.

 

Hinweis

Nach Auffassung des BFH kann Schuldgeld "regelmäßig" erst mit dem Beginn der Schulpflicht und dem Besuch von Vorschulen in Betracht kommen. Mit dieser Formulierung bleiben Ausnahmen möglich. Zu denken wäre z.B. an vorschulische Förderkurse oder Vorbereitungskurse. Soweit hierfür kostenfreie staatliche Einrichtungen geschaffen werden, müssten entsprechende Kosten an Privatschulen absetzbar sein.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 16.11.2005, XI R 79/03.

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