Leitsatz

Eine auf dem Wasser schwimmende Anlage ist mangels fester Verbindung mit dem Grund und Boden und wegen fehlender Standfestigkeit bewertungsrechtlich kein Gebäude.

 

Sachverhalt

K hat eine aus drei Schwimmkörpern und einem Pfahlbau bestehende gastronomische Anlage errichtet, die durch bewegliche Versorgungsleitungen mit dem Festland verbunden ist. Die Pfähle stehen unter dem Wasser im Kanalgrund. Die Schwimmkörper erhalten ihren Auftrieb durch nach unten zugängliche Rümpfe. Sie sind derart befestigt, dass nur eine durch Wasserstand, Wellen, Gewichtsbelastung und Winddruck bedingte vertikale, nicht jedoch eine horizontale Positionsänderung möglich ist. Das Finanzamt stellte für die Anlage den Einheitswert als Gebäude auf fremdem Grund und Boden fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Das FG gab der Klage teilweise statt und bejahte allein die Gebäudeeigenschaft des Pfahlbaus.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück.

 

Kommentar

Praxishinweis

Das Urteil klärt den bewertungsrechtlichen Gebäudebegriff für schwimmende Anlagen. Die Finanzverwaltung war bislang der Auffassung, bei schwimmenden Anlagen handle es sich unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung um Gebäude auf fremdem Boden, für die ein Einheitswert festzustellen und Grundsteuer zu erheben sei. Dem folgt der BFH nicht.

Bewertungsrechtlich ist ein Gebäude ein Bauwerk, das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie von einiger Beständigkeit und standfest ist. Eine "feste Verbindung" setzt mindestens voraus, dass das Bauwerk durch sein Eigengewicht auf dem Grundstück festgehalten wird, sofern dieses Eigengewicht einer Verankerung gleichwertig ist. Eine solche feste Verbindung fehlt einer schwimmenden Anlage.

Eine nur "mittelbare", durch Befestigungsmittel herbeigeführte "gewisse Ortsfestigkeit" der Anlage, die deren "Wegschwimmen" verhindert, reicht nicht aus. Auch das äußere Erscheinungsbild, die äußere und innere Beschaffenheit, die Nutzungsdauer und das Vorhandensein ortsfester Versorgungseinrichtungen können weder kumulativ noch jeweils für sich die Gebäudeeigenschaft begründen. Dagegen erfüllt ein auf dem Gewässergrund fest verankerter Pfahlbau die Merkmale des Gebäudebegriffs.

Das Urteil hat auch für die Grunderwerbsteuer Bedeutung, da schwimmende Anlagen bisher von der Finanzverwaltung als Gebäude auf fremdem Grund und Boden den Grundstücken gleichgestellt wurden. Auch wenn sich der BFH hierzu nicht ausdrücklich äußern konnte, ist diese Verwaltungsauffassung unhaltbar geworden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 26.10.2011, II R 27/10.

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