Streitvermeidung
Das selbstständige Beweisverfahren ist auch in Familiensachen zulässig und insbesondere in Verfahren auf Zugewinnausgleich interessant. Denn hier fällt die Antragstellung oft schwer, wenn die Höhe des Ausgleichsanspruchs von dem Wert einer Sache, insbesondere eines Grundstücks, abhängt. So kann grundsätzlich zur Erleichterung einer außergerichtlichen Zugewinnausgleichsregelung und Vermeidung eines entsprechenden Gerichtsverfahrens ein schriftliches Sachverständigengutachten zum Wert einer Sache beantragt werden. Allerdings sind einige Besonderheiten zu beachten:
Der Fall
Eine Ehefrau wollte im selbstständigen Beweisverfahren durch Sachverständigengutachten zum einen den Wert der Eigentumswohnung des Ehemanns bei Zustellung des Scheidungsantrags überprüfen lassen. Ferner wollte sie Beweis darüber erheben lassen, mit welchem wirtschaftlichen bzw. realisierbaren Wert ihre bei Eingehung der Ehe vorhandenen Schulden in ihrem Anfangsvermögen einzustellen seien. Dazu trägt sie vor, diese seien nicht mit dem Nominalwert anzusetzen, da sie schon vor Eheschließung im März 1998 jahrelang keine Raten auf die Verbindlichkeiten bezahlt und mehrfach die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Im Februar 2002 wurde über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren mit einem Schuldenbereinigungsplan eingeleitet, in welchem sie ihre Verbindlichkeiten mit einer Regulierungsquote von 6,03 % zurückführte. Ihr Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Beweisverfahren hatte mangels Erfolgsaussicht auch vor dem OLG Stuttgart keinen Erfolg.
Fehlende Glaubhaftmachung
Hinsichtlich der Bewertung der Eigentumswohnung sind nach Ansicht des Gerichts die Zulässigkeitsvoraussetzungen des selbstständigen Beweisverfahrens gem. §§ 485 Abs. 2 Satz 2, 487 Nr. 4 ZPO nicht glaubhaft gemacht. Die Ehefrau habe schon in ihrer eidesstattlichen Versicherung nicht zu einer möglichen außergerichtlichen Einigung der Beteiligten bzw. zur Frage der Vermeidung eines Zugewinnausgleichsverfahrens Stellung genommen. Darüber hinaus sei nach der Vorkorrespondenz der Beteiligten die Möglichkeit einer gütlichen Einigung bzw. der Vermeidung eines Rechtsstreits i. S. d. § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO als minimal anzusehen.
Kein Beweis über Rechtsfragen
Bei der Frage der Bewertung des negativen Anfangsvermögens handle es sich nicht um eine dem Sachverständigenbeweis zugängliche Tatsache, sondern um eine reine Rechtsfrage, die nicht in einem selbstständigen Beweisverfahren geklärt werden könne. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das im Zugewinnausgleichsrecht streng geltende Stichtagsprinzip zugunsten einer vom Nominalwert abweichenden Forderungsbewertung aufgegeben wird, könne ein betriebswirtschaftlicher Sachverständiger unabhängig von der Frage der Bonität und Verwertbarkeit einer Forderung im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht beantworten.
(OLG Stuttgart, Beschluss v. 25.4.2014, 18 WF 85/14; dazu Giers, NZFam 2014, S. 714, ferner NJW-Spezial 2014, S. 294)