1 Nachhaltigkeit stellt neue Anforderungen an Kreditwirtschaft

Wohl kaum ein anderer Mainstream hat sich bisher auf das Finanzierungsangebot der Kreditwirtschaft so weitreichend ausgewirkt wie die Nachhaltigkeitsdebatte. Und dies aus gutem Grund, denn der Schutz des Klimas wird in weiten Teilen der Zivilgesellschaft als globale Herausforderung angesehen, deren Bewältigung nur in gemeinsamer Verantwortung gelingen mag.

Stand die Fortentwicklung der Bankaufsichtsanforderungen und der regulatorischen Grundlagen noch vor Kurzem ganz im Zeichen der Finanzkrise 2008 und der aus ihr zu ziehenden Konsequenzen, hat sich das Blatt seit dem Pariser Klimaschutzabkommen und der Nachhaltigen Agenda der Vereinten Nationen 2015 gewendet. Seitdem bezieht die Politik den Finanzsektor in die Ausgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft nach nachhaltigen Gesichtspunkten in hohem Maße ein. Sie hat erkannt, dass die Finanzindustrie durch die ihr eigene Kapitallenkungsfunktion einen hohen Einfluss auf Investitionsentscheidungen ausüben kann.

Der Aktionsplan der Europäischen Union (EU) für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums zeichnet den Pfad für die weitere Ausgestaltung der regulatorischen Rahmenbedingungen vor, denen insbesondere die Kreditwirtschaft unterliegen soll.[1] Zwar enthält das aufsichtliche Regelwerk seit seiner letzten Überarbeitung 2019 noch keine konkreten Vorgaben, die Institute unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten binden würden. Jedoch sind europäische wie auch nationale Aufsichtsbehörden derzeit intensiv damit befasst, die regulatorischen Anforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeitsrisiken schrittweise zu entwickeln.

Es zeichnet sich das Verständnis ab, unter Nachhaltigkeitsrisiken künftig die Bedingungen oder Ereignisse aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder der Unternehmensführung aufzufassen, deren Eintreten negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben können (ESG-Risiken).[2] Darunter können auch Auswirkungen auf die Reputation eines Instituts fallen.

Die Umweltrisiken werden hinsichtlich physischer Risiken und Transitionsrisiken weiter differenziert. Bei den physischen Risiken handelt es sich im Wesentlichen um die Auswirkungen, die bestimmten Extremwetterereignissen zugerechnet werden können. Transitionsrisiken können sich im Zusammenhang mit der Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft ergeben. Am Beispiel des Immobilienfinanzierungsgeschäfts wird recht schnell deutlich, dass Nachhaltigkeitsrisiken mittelbar einen erheblichen Einfluss auf den Wert der von Kreditinstituten gehaltenen Sicherheiten ausüben können. Bei aller Unschärfe, die bei der anhaltenden Diskussion über das Verständnis von Nachhaltigkeitsrisiken derzeit noch auszumachen ist, scheint klar, dass Institute sich künftig darauf einstellen müssen, ihren Umgang mit ESG-Risiken gegenüber den Aufsichtsbehörden stärker transparent zu machen. Sie sollen hierbei Proportionalitätserwägungen folgend einen ihrem Geschäftsmodell und ihrem Risikoprofil angemessenen Ansatz entwickeln. Auch ist absehbar, dass Institute ihre Geschäftsstrategien, ihre institutsinternen Modelle und operativen Prozesse werden fortentwickeln müssen.

2 Öffentliche Banken

Zu den öffentlichen Banken zählen Geschäftsbanken und Förderbanken des Bundes wie der Länder. Beide Gruppen verfolgen unterschiedliche Geschäftsmodelle. Die Geschäftsbanken in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft unterliegen den Wettbewerbsbedingungen des Marktes und bieten Unternehmenskunden und Verbrauchern passgenaue Finanzierungslösungen an. Viele Institute bekennen sich durch Selbstverpflichtung, ihr Handeln an den nachhaltigen Prinzipien zu orientieren. Die Förderbanken sind in stärkerem Maße den gesellschaftspolitischen Zielen ihrer öffentlichen Träger verpflichtet. Sie ergänzen den Markt mit Bankdienstleistungen in Geschäftsfeldern, in denen dies notwendig ist. Die nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zählt zu ihren wesentlichen Zielsetzungen. Beispielsweise unterstützen Förderbanken die energetische Ertüchtigung des Gebäudesektors und den Ausbau zu barrierefreiem Wohnraum. Als Kreditinstitute unterliegen Förderbanken prinzipiell den gleichen Finanzmarktregeln wie Geschäftsbanken.[1]

[1] Vgl. VÖB (Hrsg.), "Förderbanken in Deutschland – Unterwegs im öffentlichen Auftrag", 2013, Berlin.

3 Taxonomie – Klassifikation für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten

Welche Wirtschaftsaktivitäten künftig in der Europäische Union als ökologisch nachhaltig gelten dürfen, hat die EU-Kommission in dem Bericht ihrer Expertengruppe für Sustainable Finance festgelegt (Taxonomiebericht).[1] Im Kern geht es darum, die Aktivitäten von Unternehmen anhand von Nachhaltigkeitskriterien zu beurteilen und den Finanzmarktakteuren diesbezügliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, ökologische und soziale Aspekte transparent zu machen und dadurch den Übergang zu einer CO2-armen und ressourceneffizienten Wirtschaft und Gesellschaft zu unterstützen. Hierbei muss...

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