1 Green Bonds (und andere nachhaltige Finanzierungsinstrumente) aus Sicht einer Nachhaltigkeits-Ratingagentur

Unter all den positiven Entwicklungen im Bereich nachhaltiger Kapitalanlagen stechen sie besonders hervor: Green Bonds oder zu Deutsch "Grüne Anleihen", also festverzinsliche Wertpapiere mit ökologischem Verwendungszweck. Green Bonds sind geeignete Kapitalmarktinstrumente, um zusätzliches Kapital für Umwelt- und Klimaschutzprojekte zu beschaffen und damit zur Erreichung der Pariser Klimaziele von 2015 beizutragen. Die Schätzungen, wie viele Investitionen zur Erreichung des sogenannten "2-Grad-Zieles" weltweit notwendig sind, variieren zwischen 200 und 800 Mrd. EUR pro Jahr bis mindestens zum Jahr 2030.

Bei Green Bonds kann es sich sowohl um börsennotierte Benchmark-Emissionen als auch um grüne Schuldscheine im zweistelligen Millionen-Bereich handeln. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal von Green Bonds zu konventionellen Anleihen ist die Zweckbindung der Mittelverwendung für Umwelt- und Klimaschutzprojekte, wie beispielsweise Investitionen in regenerative Energien, energieeffiziente Gebäude oder nachhaltige Landwirtschaft. Dieser Aspekt ist attraktiv für eine zunehmende Zahl Investoren, die sich selbst einer nachhaltigen Anlagepolitik verschrieben haben. Infolgedessen erfreuen sich Green Bonds einer starken Nachfrage und sind häufig überzeichnet, der Markt wächst dementsprechend stark.

1.1 Green Bonds Marktentwicklung

Die ersten Green Bonds wurden in den Jahren 2007 und 2008 durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Weltbank emittiert. In den folgenden Jahren, insbesondere ab 2014, verzeichnete der Green Bonds-Markt dann ein rasantes Wachstum, im Jahr 2020 belief sich das weltweite jährliche Emissionsvolumen nach Angaben der Climate Bonds Initiative auf etwa 220 Mrd. USD – nach noch ca. 260 Mrd. USD im Jahr zuvor. Nach dieser nicht zuletzt coronabedingten Wachstums-Pause wird für das laufende Jahr 2021 jedoch wieder ein grünes Emissionsvolumen von ca. 350 Mrd. USD erwartet. Das steigende Emissionsvolumen ab 2014 sind sowohl auf einen Einstieg von Emittenten des privaten Sektors als auch auf die Verabschiedung der Green Bond Principles (GBP) der International Capital Markets Asociation (ICMA) zurückzuführen. Anfang 2014 hatten sich unter dem Dach der ICMA eine Reihe von Emittenten, Emissionsbanken und Investoren zusammengeschlossen und diese Prinzipien entwickelt: Dieser meistverbreitete, freiwillige Standard umfasst vier Kernpunkte: Die Verwendung der Emissionserlöse, den Prozess der Projektbewertung und -auswahl, das Management der Erlöse und die Berichterstattung. Diese Aspekte sind idealerweise in einem schriftlichen Green Bond-Framework (Rahmenwerk) vom Emittenten verbindlich festzuhalten.

Das dynamische Wachstum dieser noch immer relativ neuen Finanzierungsform ist ein wichtiges Element auf dem Weg hin zu einem nachhaltigeren Finanzmarkt. Das Marktsegment erhält aktuell einen weiteren deutlichen Schub insbesondere durch Anstrengungen der EU, die durch einen (freiwilligen) EU Green Bond Standard in Verbindung mit einer zugrundeliegenden EU-Taxonomie umwelt- und klimafreundlicher Wirtschaftsaktivitäten einen Regulierungsrahmen zumindest für die europäischen Marktteilnehmer liefert. Andere Länder und Regionen, wie beispielsweise China, Indien und Japan sind hier übrigens voraus und haben bereits vorher spezifische Green Bonds Standards ausgearbeitet.

Aktuell gibt es keinen weltweit verbindlichen Standard und der Begriff Green Bond ist nicht geschützt. Marktakteure in Europa orientieren sich daher derzeit vornehmlich noch an den freiwilligen Leitlinien der Green Bond Principles und/oder der Climate Bond Initiative. In den letzten Jahren findet zudem eine Auffächerung der Begriffe und Themen statt: Neben den etablierten Green Bonds werden auch zunehmend Social Bonds emittiert (die ausschließlich in soziale Verwendungszwecke investieren) oder auch Sustainability Bonds (eine Mischform aus sozialen und ökologischen Investments), in jüngster Zeit sind auch sogenannte Transition Bonds im Gespräch, deren Projektfinanzierung dazu beitragen soll, langfristig den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaftsweise zu unterstützen. All diese Formate unterliegen grundsätzlich vergleichbaren Regeln, so dass im Folgenden vereinfachend weiterhin von Green Bonds gesprochen wird.

1.2 Unabhängige Second Party Opinions als Erfolgsfaktor von Green Bonds

Green Bonds versprechen, ausschließlich Projekte zu finanzieren, die einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Wer und was genau sich hinter einem bestimmten Green Bond verbirgt, lässt sich aber nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Um Vertrauen gegenüber Investoren aufzubauen und um zu attestieren, dass es sich tatsächlich um grüne Projekte handelt (und damit dem Vorwurf des Green Washing zu begegnen), bedarf es neben anerkannter Standards in erster Linie auch unabhängiger Prüfer, die Green Bonds nach eben diesen Standards glaubwürdig prüfen und bewerten können. Hier hat sich mittlerweile die Beauftragung von unabhängigen Expertenmeinungen, sogenannten Second Party Opinions (SPOs), etabliert.

Externe Prüfer wie beispielsweise Nachhaltigkeits-Ratingagenturen s...

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