Leitsatz (amtlich)
§ 1 Abs. 1 Satz 2 FördG schließt nur für von der Gemeinschaft selbst durchgeführte Investitionen aus, dass die der Gemeinschaft angehörenden Steuerpflichtigen Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen können. Wird dagegen ein Steuerpflichtiger durch eine von ihm vorgenommene Investition erst Gemeinschafter, steht § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG einer Förderung dieser Investition nicht entgegen.
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb im Dezember 1993 das hälftige Miteigentum an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück. Besitz, Nutzen und Lasten des Grundstücks, das sich bis zu diesem Zeitpunkt im Eigentum einer aus S und B bestehenden Grundstücksgemeinschaft befand, gingen am 31.12.1993 auf die Klägerin über. Seit diesem Zeitpunkt besteht die Grundstücksgemeinschaft aus B und der Klägerin. Im März 1995 ging beim damals zuständigen Finanzamt Y eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Grundstücksgemeinschaft für das Streitjahr 1993 ein. Das Finanzamt Y erließ im Juli 1995 ohne Kenntnis des Gemeinschafterwechsels einen - bestandskräftig gewordenen - Feststellungsbescheid, in dem es die Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft in der erklärten Höhe feststellte und entsprechend den Angaben in der Erklärung zu je 1/2 den Gemeinschaftern S und B zurechnete. Im Mai 1996 reichte die aus B und der Klägerin bestehende Grundstücksgemeinschaft beim (nunmehr zuständigen) beklagten Finanzamt eine weitere Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte ein und machte für die Klägerin auf die Anschaffungskosten des Grundstücksanteils Sonderabschreibungen nach § 4 FördG von rd. 176 000 DM geltend. Das Finanzamt lehnte den Erlass eines Feststellungsbescheids für die aus B und der Klägerin bestehende Grundstücksgemeinschaft mit dem Hinweis ab, für die aus S und B bestehende Grundstücksgemeinschaft liege bereits eine bestandskräftige Feststellung vor. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidungsgründe
- Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FördG können Steuerpflichtige für begünstigte, im Fördergebiet durchgeführte Investitionen u.a. Sonderabschreibungen nach § 4 FördG vornehmen. Zu den anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 FördG zählen auch Personengesellschaften und Gemeinschaften; denn der Gesetzgeber hat abweichend von § 7a Abs. 7 EStG die Anspruchsberechtigung bei Sonderabschreibungen für Investitionen im Fördergebiet in § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG dahingehend geregelt, dass investierende Gesellschaften oder Gemeinschaften selbst zur Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen nach dem FördG berechtigt sind. Der einzelne Gesellschafter oder Gemeinschafter kann in diesem Fall hingegen keine Sonderabschreibungen geltend machen.
- Im Streitfall schließt § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG Sonderabschreibungen für die von der Klägerin getätigte Investition jedoch nicht aus. § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG sieht nur dann eine Sperrwirkung zu Lasten der "hinter" einer Gemeinschaft stehenden Personen vor, wenn die nach dem FördG begünstigte Investition von der Gemeinschaft durchgeführt wird. Geht indes, wie im Streitfall, die Investition von einem Steuerpflichtigen aus, der erst durch die Investition Gemeinschafter wird, und ist mithin die Gemeinschaftszugehörigkeit nur Rechtsfolge der vorangegangenen Investition, steht § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG einer Förderung dem Grunde nach begünstigter Investitionen nicht entgegen.
- Die die Klägerin betreffenden Feststellungen können gemäß § 179 Abs. 3 AO in einem Ergänzungsbescheid berücksichtigt werden. Danach ist eine notwendige Feststellung nachzuholen, soweit diese in einem Feststellungsbescheid unterblieben ist. Ergänzungsbescheide dürfen einen lückenhaften Feststellungsbescheid vervollständigen, nicht aber Unrichtigkeiten eines Feststellungsbescheids korrigieren oder die in dem ursprünglichen Feststellungsbescheid getroffenen Feststellungen ändern; denn in einem solchen Fall ist die ursprüngliche Feststellung nicht lückenhaft, sondern inhaltlich falsch. Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen für den Erlass eines Ergänzungsbescheids gemäß § 179 Abs. 3 AO im Streitfall gegeben; denn das Finanzamt hat nicht etwa eine negative (und damit unrichtige), sondern mangels Kenntnis bislang überhaupt keine Entscheidung hinsichtlich der Beteiligtenstellung der Klägerin und der ihr zuzurechnenden Sonderwerbungskosten getroffen.
Das FG hat bislang keine Feststellungen darüber getroffen, in welcher Höhe die Klägerin die beantragten Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen kann. Diese muss es nachholen.
Link zur Entscheidung
BFH vom 15.1.2002 – IX R 21/98