Leitsatz
Die Wohnungseigentümer können zum Gebrauch einer Fläche, die einem Sondernutzungsrecht unterliegt, Beschlüsse fassen.
Normenkette
WEG § 13 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 2
Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Stellplätze ab sofort ausschließlich für das Abstellen für Autos mit einem Gewicht von maximal 2 t genutzt werden dürfen. Anhänger, Transporter, Wohnwagen und Wohnmobile dürfen auf den Stellplätzen nicht mehr geparkt werden. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Mit Erfolg!
Die Entscheidung
Zwar bestehe eine Beschlusskompetenz, die Ausübung eines Sondernutzungsrechts an Parkplätzen durch Beschluss zu regeln. Die mit dem Beschluss getroffene Regelung führe auch nicht zu einer unzulässigen Aushöhlung des Sondernutzungsrechts an den Parkplätzen. Der Beschluss sei aber für ungültig zu erklären, da er in der konkreten Form keiner ordnungsmäßigen Verwaltung entspreche.
Beschlusskompetenz
Der konkrete Gebrauch eines Sondernutzungsrechts unterliege der Regelungskompetenz nach § 15 Abs. 2 WEG. Das Sondernutzungsrecht berechtige den Rechtsinhaber nur, andere Wohnungseigentümer vom Gebrauch des ihm zugewiesenen Gegenstands auszuschließen. Es nehme den anderen Wohnungseigentümern aber nicht das Recht, den allgemeinen Gebrauch zu regeln. Denn der Gegenstand des Sondernutzungsrechts gehöre zum gemeinschaftlichen Eigentum. Die Wohnungseigentümer dürften das alleinige Gebrauchsrecht der Sondernutzungsberechtigten zwar nicht infrage stellen, wohl aber die Ausübung in den von der Gemeinschaftsordnung vorgegebenen Grenzen nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung regeln. Derartige gebrauchsregelnde Beschlüsse seien ordnungsmäßig, wenn sie den ohnehin dem Rücksichtnahmegebot nach § 14 Nr. 1 WEG unterfallenden Gebrauch konkretisierten und nicht in den Kernbereich des Sondernutzungsrechts eingriffen oder eine gesetzes- bzw. vereinbarungsändernde Wirkung anordnen würden.
Aushöhlung
Durch den Beschluss werde die grundsätzliche Möglichkeit zur Nutzung eines Stellplatzes auch nicht völlig ausgeschlossen oder derart ausgehöhlt, dass kein sinnvoller Gebrauch des Sondernutzungsrechts verbleibe. Auch bei Berücksichtigung der Einschränkungen, die mit dem angefochtenen Beschluss verbunden seien, verblieben genügend Möglichkeiten für eine sinnvolle Nutzung der Stellplätze. Selbst Fahrzeuge, die zur "oberen Mittelklasse" zählten, wie beispielsweise ein Mercedes der E-Klasse, ein BMW der 5er-Baureihe oder ein Audi A6, auch in der Kombiversion, hätten ein Gewicht von unter 2 t.
Ordnungsmäßigkeit
Der Beschluss sei aber nicht ordnungsmäßig. Er führe nämlich dazu, dass wesentlich Gleiches unterschiedlich behandelt werde und habe insofern eine willkürliche Wirkung. Denn der Beschluss ziele darauf ab, dass keine Fahrzeuge auf den Stellplätzen abgestellt werden dürfen, die ihrer Abmessung nach eine erhebliche Beeinträchtigung mit sich brächten. Dies sei vor allem bei Fahrzeugen, die besonders breit und besonders hoch seien, der Fall. Dieses, mit dem Beschluss auch beabsichtigte Ziel, werde durch die Beschränkung auf Autos mit einem Gesamtgewicht von 2 t aber nicht erreicht. Das Gewicht eines Fahrzeugs stelle kein geeignetes Kriterium dar, um das Abstellen von Fahrzeugen zu verhindern, bei denen sich die Beeinträchtigungen ergäben. Auch Fahrzeuge, bei denen das Abstellen nicht zu den Beeinträchtigungen führe, dürften nicht mehr auf den Stellplätzen geparkt werden. Beispielsweise könne ein Anhänger schmal und nur von geringer Höhe sein, sodass weder eine Sichtbehinderung beim Ausparken noch eine Einschränkung der benachbarten Stellplätze beim Einsteigen gegeben sei. Dennoch dürfte auch ein solcher Anhänger nicht mehr auf den Stellplätzen geparkt werden. Auf der anderen Seite könne mit einem Auto, das weniger als 2 t wiege, eine erhebliche Sichtbeeinträchtigung verbunden sein.
Kommentar
Die Entscheidung hat – wie hier auch dargestellt – gleichsam 3 Teile. Die ersten beiden überzeugen, der dritte nicht.
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Überblick:
- Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, Regelungen zum Gebrauch eines Teils, eines Raums oder einer Fläche zu treffen, die einem Sondernutzungsrecht unterliegen. Ein Sondernutzungsrecht nimmt den Wohnungseigentümern nämlich nicht das Recht, den allgemeinen Gebrauch auch durch Beschluss zu regeln. Die Wohnungseigentümer können z.B. die Öffnungszeiten eines "Biergartens" regeln, zur Bepflanzung einer einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Fläche Gebrauchsbestimmungen treffen, oder regeln, dass die einem Sondernutzungsrecht unterliegende Fläche im Notfall als Fluchtweg genutzt werden kann.
- Etwas anderes gilt, wenn eine Gebrauchsbestimmung ein Sondernutzungsrecht seinem Inhalt nach ändert, es "aushöhlt". Dies ist etwa der Fall, wenn für eine Gartensondernutzungsfläche ein "Ziergarten" vorgeschrieben wird, wenn für einen Kfz-Stellplatz das Parken von Autos verboten wird, oder wenn beschlossen wird, auf einer einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Freifläche einen feststehenden, gemauerten Pflanztr...
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