Leitsatz (amtlich)

Die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für einen Sprachkurs kann nicht mit der Begründung versagt werden, er habe in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union stattgefunden.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist im Verkaufsaußendienst tätig und bearbeitet Märkte in englisch- und französischsprachigen Ländern teils als Hauptmitarbeiter, teils als Vertreter eines anderen Hauptmitarbeiters. Zudem ist er für die Werbung für englisch- und französischsprachige Märkte zuständig. In der ESt-Erklärung für 1992 machte der Kläger Aufwendungen für einen Französisch-Intensiv-Sprachkurs von 5 145 DM als Werbungskosten geltend. Er hatte vom 29.6. bis 10.7.1992 Bildungsurlaub (Sonderurlaub) zum Besuch eines Sprachkurses in Frankreich erhalten. Der Arbeitgeber übernahm weder die Kosten noch gewährte er einen Zuschuss. Veranstalter des Intensiv-Sprachkurses war die Ecole Francaise in Südfrankreich. Die Teilnehmer wohnten in einem 10 km vom Unterrichtsort entfernten Hotel, das 60 bis 65 Km von touristisch interessanten Städten entfernt lag. Der Sprachkurs umfasste insgesamt 60 Unterrichtsstunden von je 45 Minuten, die von Montag bis Freitag von 9.00 bis 12.15 Uhr und von 18.00 bis 19.30 Uhr stattfanden. Hinzu kam eine Exkursion am Samstag. Die Gruppenstärke betrug 8 bis 10 Teilnehmer. Die Kursgebühren betrugen 780 DM. Daneben machte der Kläger Fahrt- und Unterkunftskosten sowie Verpflegungsmehraufwendungen geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab, da die Aufwendungen nach dem Gesamtbild der Reise nicht ausschließlich beruflich veranlasst seien. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision des Finanzamts blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat die Aufwendungen des Klägers für die Teilnahme an dem Sprachkurs in Frankreich zutreffend als Werbungskosten anerkannt. Aufwendungen für einen Lehrgang, durch den Kenntnisse einer Fremdsprache vermittelt werden, sind dann als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Die Entscheidung, ob in Bezug auf einen Sprachkurs berufsbedingte Aufwendungen vorliegen, kann nur aufgrund der Würdigung aller Umstände des Einzelfalles getroffen werden. Der IV Senat des BFH hat in einer Grundsatzentscheidung[2] Merkmale genannt, die im Rahmen der Gesamtwürdigung als gewichtige Indizien für eine private oder eine berufliche Veranlassung sprechen können. An diesen Merkmalen hält der erkennende Senat fest, soweit sie nicht in Widerspruch zu Art. 59 EGV (jetzt: Art. 49 EGV) stehen. Der EuGH hat zur Abzugsfähigkeit der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen entschieden, dass Art. 59 EGV der Regelung eines Mitgliedstaates entgegensteht, wonach für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens vermutet wird, dass Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in anderen Mitgliedstaaten in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dienen, dass die Ausgaben für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig sind, während für Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in dem betreffenden Mitgliedstaat eine solche Vermutung nicht gilt[3]. Der erkennende Senat folgt der Auffassung des EuGH.

Im Streitfall hat das FG die von der Rechtsprechung des BFH für maßgeblich erachteten Kriterien - soweit diese mit Art. 59 EGV vereinbar sind - angewendet. Das FG hat ausgeführt, der Kläger benötige zur Ausübung seiner Tätigkeit als Hauptmitarbeiter im Verkaufsaußendienst, der u.a. für französisch-sprachige Länder zuständig sei, unabdingbar französische Sprachkenntnisse. Zur kompetenten Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit bedürfe es der regelmäßigen Auffrischung, Vertiefung und Erweiterung der Sprachkenntnisse. Darin liegt zugleich die - naheliegende - Feststellung des FG, der insgesamt 60 Unterrichtsstunden umfassende Intensiv-Sprachkurs, der in einer kleinen Gruppe von 8 bis 10 Teilnehmern abgehalten worden ist, habe den beruflichen Bedürfnissen des Klägers entsprochen. Dass der Sprachkurs keine fachspezifische Sprachfortbildung zum Gegenstand hatte, steht der Würdigung des FG, die Teilnahme an dem Sprachkurs sei beruflich veranlasst, nicht entgegen. Es reicht aus, wenn der Sprachkurs auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Interessen des Steuerpflichtigen zugeschnitten ist[4]. Allein der Umstand, dass der Kläger an einem auswärtigen Sprachkurs teilgenommen hat und nicht an einem, der am oder in der Nähe seines Heimatortes stattfand, nötigt nicht zu der Wertung, die Teilnahme sei i.S. des § 12 Nr. 1 EStG privat mitveranlasst. Ebenso wenig überzeugt der Einwand des Finanzamts, das FG habe nicht geprüft, ob nach Programm und Durchführung des Sprachlehrgangs die Befriedigung privater Interessen nahezu ausgeschlossen gewesen sei. Das FG hat die Zeiten des Unterrichts und die unterrichtsfreien Zeiten festgestellt und insoweit ausgeführt, dass auch ein im Inland durchgeführter Sprachkurs Freizeiten beinhalte, die zur Erholung und Regeneration dienten. Zentren des ...

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