Leitsatz (amtlich)

Die Berechnung der Gewerbesteuerumlage im Organkreis nach der sog. Belastungsmethode ("Stand-alone-Methode") führt jedenfalls für das Jahr 1985 nicht zur Annahme einer vGA.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die seit Anfang des Streitjahres 1985 mit ihrer Alleingesellschafterin, einer KG, durch eine gewerbesteuerliche Organschaft verbunden ist. Zur Kostenabgrenzung vereinbarten beide eine GewSt-Umlage nach dem sog. Belastungsverfahren ("Stand-alone-Verfahren"), die nicht nach der tatsächlichen - niedrigeren - GewSt-Belastung der KG, sondern nach der hypothetischen - höheren - Steuerbelastung berechnet wurde, die eingetreten wäre, wenn die Klägerin selbständig zur GewSt veranlagt worden wäre. Da keine Gewerbeertragsteuer anfiel, wurde allein Gewerbekapitalsteuer umgelegt. Die errechneten Beträge wurden im Streitjahr und in den Folgejahren jeweils bei Erstellung des Jahresabschlusses dem Verrechnungskonto der KG bei der Klägerin gutgeschrieben. Anders als die Klägerin vertrat das Finanzamt die Ansicht, eine Umlage der GewSt-Belastung des Organträgers auf die Organgesellschaft dürfe nur nach dem sog. Verteilungsverfahren bis zur Höhe der tatsächlich vom Organträger gezahlten GewSt vorgenommen werden. Der darüber hinaus umgelegte Betrag sei als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.

 

Entscheidungsgründe

Der Vorinstanz ist nicht darin beizupflichten, dass die im Streitfall von den Beteiligten gewählte Umlagemethode nach dem sog. Belastungsverfahren eine verdeckte Gewinnausschüttung nach sich zieht. Zwar hat der BGH dieses Umlageverfahren für das Zivilrecht[2] verworfen. Im Rahmen des zwischen den Organschaftsbeteiligten gebotenen gesamtschuldnerischen Ausgleichsanspruchs gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB könne nicht von einer fiktiven Steuerschuld allein bei der Organgesellschaft ausgegangen werden. Vielmehr sei die tatsächlich gezahlte GewSt zugrunde zu legen. Für eine rechtsgeschäftlich vereinbarte GewSt-Umlage gelte dasselbe; die Vereinbarung der Umlage nach Maßgabe des Belastungsverfahrens ziehe einen Nachteil zu Lasten der Organgesellschaft nach sich, wodurch wiederum ein Schadensersatzanspruch gegen den Organträger ausgelöst werde. Zur Stützung dieser Argumentation verweist der BGH auch und gerade auf die Behandlung der nach der Belastungsmethode erhobenen Umlage im Steuerrecht als verdeckte Gewinnausschüttung[3].

Dagegen verweisen andere Stimmen im Schrifttum auf die Nachteile, welche dem Organträger drohen, indem dieser Gewerbeverluste infolge ihrer Verrechnung mit ihm zugerechneten (positiven) Gewerbeerträgen der Organgesellschaft "verliert". Mittels des Verteilungsverfahrens kämen die darin verkörperten Vermögenswerte der Organgesellschaft zugute, ungeachtet dessen, dass diese trotz der organschaftlichen Verbundenheit als solche selbständig bleibe. Die Organgesellschaft sei aus bereicherungsrechtlichen Grundsätzen[4] gehalten, dem Organträger die "aufgewendeten" Verluste ganz oder zumindest anteilig zu erstatten. Richtigerweise sei deswegen die Belastungsmethode anzuwenden; die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung scheide auch aus steuerrechtlicher Sicht aus[5].

Welche Konsequenzen diese Auseinandersetzung für das Steuerrecht hat, muss im Streitfall aufgrund der hier gegebenen Besonderheiten jedoch nicht abschließend beantwortet werden. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung scheidet im Streitfall bereits deshalb aus, weil von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nicht erwartet und verlangt werden kann, dass er seinen Entscheidungen im Streitjahr 1985 die Rechtserkenntnisse zugrunde legt, zu denen der BGH erst in den Jahren 1992 und 1999 gelangt. Bis dahin war die Zivilrechtslage ungeklärt; in steuerrechtlicher Hinsicht ist sie dies bis heute. Dies gilt umso mehr angesichts des Umstandes, dass seinerzeit selbst die Finanzverwaltung den betroffenen organschaftlich verbundenen Steuerpflichtigen "für die steuerliche Beurteilung" das Recht eingeräumt hat, "jede Methode" zu wählen, "die zu einem betriebswirtschaftlich vertretbaren Ergebnis führt", vorausgesetzt, es wird an der einmal gewählten Methode festgehalten und die Umlage so bemessen, dass - zumindest im Durchschnitt mehrerer Jahre - nur die tatsächlich gezahlten Steuerbeträge umgelegt werden[6]. Wenn der Geschäftsführer einer Organgesellschaft hiernach verfuhr und sich mit der GewSt-Umlage nach der Belastungsmethode zufrieden gab, kann das nicht zu steuerlichen Nachteilen führen. Anderenfalls würden die Anforderungen, die an den Steuerpflichtigen zu stellen sind, überspitzt[7].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 7.11.2001 – I R 57/00

[1] Vgl. FG Köln, Urteil vom 11.4.2000,13 K2707/96, EFG 2000, S. 809
[2] Vgl. BGH-Urteile vom 22.10.1992, IX ZR 244/91, DB 1993, S. 368; vom 1.3.1999, IIZR 312/97, DStR 1999, S. 724
[3] Ebenso z.B. Kleindiek, Steuerumlagen um gewerbesteuerlichen Umkreis ...

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