Leitsatz (amtlich)

Aus sozialer Fürsorge in späteren Veranlagungszeiträumen erbrachte Leistungen sind für die Steuerbegünstigung der Entlassungsentschädigung schädlich, wenn sie diese nicht als Zusatz ergänzen, sondern insgesamt betragsmäßig fast erreichen.

 

Sachverhalt

Auf Veranlassung des Arbeitgebers wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 28.2.1993 beendet. Der Kläger erhielt im Februar 1993 eine Abfindung von 99 085 DM. Außerdem garantierte der Arbeitgeber dem Kläger ab 1993 bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Versorgung, die unter Einbeziehung des Arbeitslosengeldes zunächst 90%, dann 80% und bis 1998 70% des letzten Bruttogehaltes von 132 786 DM sichern sollte (insgesamt 90 504 DM). Weiter zahlte der Arbeitgeber für die (befreiende) Lebensversicherung des Klägers die Differenz zwischen der Leistung der BfA und dem Höchstbetrag in der Angestelltenversicherung. Der Kläger erklärte im Streitjahr 1993 bei den Einkünften aus nichtselbst-ständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn von 15 978 DM und ermäßigt zu besteuernde Entschädigungen von 63 085 DM. Das Finanzamt meinte, dass die Entschädigung wegen der ab 1994 gezahlten Zuschussleistungen nicht ermäßigt besteuert werden dürfe. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Entschädigung ist nicht ermäßigt zu versteuern. Nach ständiger Rechtsprechung[2] sind außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG nur gegeben, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG bezweckt, die Härten auszugleichen, die sich aus der progressiven Besteuerung der Entschädigung ergeben. Dementsprechend sind Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG grundsätzlich nur dann außerordentliche Einkünfte, wenn die Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen, die sich bei normalem Ablauf über mehrere Jahre verteilt hätten, vollständig in einem Betrag gezahlt wird oder wenn die Entschädigung nur Einnahmen eines Jahres ersetzt, sofern sie im Jahr der Zahlung mit weiteren Einkünften zusammenfällt und der Steuerpflichtige im Jahr der entgangenen Einnahmen keine weiteren (nennenswerten) Einnahmen gehabt hat. Bei einer Entschädigungszahlung, die sich auf zwei oder mehr Veranlagungszeiträume verteilt, ist eine Zusammenballung nicht gegeben; eine Anwendung des § 34 EStG kommt grundsätzlich nicht in Betracht.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hält der Senat in solchen Fällen für geboten, in denen - neben der Hauptentschädigungsleistung - in einem späteren Veranlagungszeitraum aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden[3]. Das sind z.B. Leistungen, die der (frühere) Arbeitgeber dem Steuerpflichtigen zur Erleichterung des Arbeitsplatz- oder Berufswechsels oder als Anpassung an eine dauernde Berufsaufgabe und Arbeitslosigkeit erbringt. Eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Beurteilung dieser Leistungen als schädlich setzt jedoch voraus, dass sie die Zusammenballung der Hauptleistung nicht in Frage stellen; denn sie sind Teil der einheitlichen Entschädigung. Das bedeutet, dass sie auch betragsmäßig einen ergänzenden Zusatz zur Hauptleistung bilden, diese also bei weitem nicht erreichen.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Der Kläger hat in den Veranlagungszeiträumen bis zum 28.2.1998 Zuschüsse zur Sicherstellung einer angemessenen Versorgung von insgesamt 90 504 DM und weitere Leistungen, wie z.B. die Zahlungen für die Lebensversicherung, erhalten. Die Zahlungen liegen damit in der Größenordnung der Abfindung von 99 085 DM. Diese Leistungen beruhen zwar auf sozialer Fürsorge; sie sind aber keine ergänzenden Zusatzleistungen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 24.1.2002 - XI R 2/01

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