Leitsatz (amtlich)

Aus einer objektiv negativen Gewinnprognose kann nur dann auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Bei anderen Tätigkeiten - hier bei der Tätigkeit als Steuerberater - müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden.

 

Sachverhalt

Der 1925 geborene Kläger ließ sich nach seiner Pensionierung als Finanzbeamter im April 1988 als Steuerberater nieder. Im Dezember 1988 nahm eine vom Kläger mit einer weiteren Gesellschafterin gegründete Steuerberatungs-GmbH ihre Tätigkeit auf, deren Geschäftsführer der Kläger wurde. Von den Mandanten des Klägers wurden ca. 35 ab Januar 1989 durch die GmbH und die übrigen sechs bis neun von der Einzelpraxis betreut. Die GmbH erlitt erhebliche Verluste und wurde 1996 wegen Insolvenz aufgelöst. Auch mit seiner selbständigen Tätigkeit erzielte der Kläger von 1988 bis 1996 nur Verluste. Seit 1991 ergingen die ESt-Bescheide wegen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit vorläufig. Nach einer Außenprüfung behandelte das Finanzamt die selbständige Tätigkeit als Liebhaberei und erkannte die Verluste in den Streitjahren 1991 bis 1995 nicht an. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen. Einzelne Umstände können dabei einen Anscheinsbeweis liefern[2]. In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Längere Verlustperioden in der Vergangenheit können dafür einen Anhaltspunkt bieten.

Im Streitfall ergibt sich für die Kanzlei des Klägers eine negative Gewinnprognose. Das FG hat diese Prognose ausgehend von den unstreitig mit der Einzelpraxis erzielten Ergebnissen in erster Linie auf den Zeitraum bezogen, in dem der Betrieb wie in den Streitjahren geführt wurde, nämlich die Zeit von 1989 bis 1995, in der der Kläger überwiegend durch seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Steuerberatungs-GmbH in Anspruch genommen war. Hier kommt das FG zu dem Ergebnis, dass angesichts der geringen Zahl der Mandate und der nur beschränkt verfügbaren Zeit für diese sowie unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten ein Gewinn nicht erzielt werden konnte. Hiergegen bestehen revisionsrechtlich keine Bedenken. Zwar hat das FG die in der Einzelpraxis möglicherweise liegenden stillen Reserven nicht erwähnt, die bei der Ermittlung des Totalgewinns einzubeziehen wären. Da es aber die diesbezügliche Rechtsprechung des BFH referiert, ist anzunehmen, dass es eine Existenz von erheblichen stillen Reserven verneint. Es ist auch nicht zu erkennen, wo sich stille Reserven angesammelt haben sollten. Insbesondere kann angesichts der Ertragslage nicht von der Existenz eines positiven Praxiswerts ausgegangen werden.

Zutreffend hat das FG auch angenommen, dass dem Kläger die Absicht zur Gewinnerzielung fehlte. Allerdings ist der Betrieb einer Steuerberaterkanzlei ebenso wie der Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei typischerweise auf die Erzielung von Gewinnen i.S. des § 18 Abs. 1 EStG gerichtet.

Es spricht deshalb ein Anscheinsbeweis für das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht. Dieser Beweis ist allerdings durch die Feststellung widerlegt, dass der Kläger die Praxis trotz der Verluste weiter betreiben wollte, um seinem Sohn nach Abschluss der Ausbildung die Praxisübernahme zu ermöglichen. Hierin ist eine private Veranlassung für die Hinnahme der Verluste zu sehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 31.5.2001 – IV R 81/99

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