Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Erbringt eine berufsbildende Einrichtung i. S. des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG zusätzlich zu den unmittelbar der Ausbildung dienenden Leistungen ausbildungsbegleitende sozialpädagogische Leistungen, die nicht selbst unter die Befreiung fallen, sind diese unter den Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie steuerbefreit.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige führte für die Bundesanstalt für Arbeit (BA) einjährige Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose, Spätaussiedler und Asylanten durch. Die BA ersetzte nach Arbeitsförderungsgesetz –AFG– (jetzt SGB III) neben den Fortbildungskosten auf Antrag auch die Kosten für die sozialpädagogische Betreuung der Teilnehmer (u. a. Betreuung der Kinder, Vermittlung Drogenabhängiger zu Beratungsstellen, Schuldenberatung, Unterricht in Rechnen, Lesen und Schreiben).
Zwar sind die Entgelte für diese sozialpädagogische Betreuung, für Lehr- und Lernmaterial und nicht selbsterstellte Arbeitskleidung nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG, da sie nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen. Jedoch kann sich die Steuerpflichtige unmittelbar auf die ihr günstigere Regelung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der MwStSystR) berufen. Diese befreit zusätzlich zum Schul- oder Hochschulunterricht, der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung auch die damit eng verbundenen Leistungen der begünstigten Einrichtungen. Eng damit verbunden sind ausbildungsbegleitende, individuelle Hilfen, wie Maßnahmen zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten und zur sozialpädagogischen Begleitung, die zur Erreichung des mit Umschulung verfolgten Ziels erforderlich sind.
Nicht steuerfrei sind solche Leistungen, die zur Ausübung der steuerfreien Tätigkeiten nicht unerlässlich sind (Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b 6. EG-Richtlinie). Ob dies der Fall ist, muß das FG noch beurteilen. Für die Unerläßlichkeit der sozialpädagogischen Leistungen für den jeweiligen Ausbildungserfolg spricht jedoch, dass es sich um Fortbildungs- und Ausbildungsleistungen nach § 34 Abs. 1 AFG handelt.
Dafür, dass die Steuerpflichtige eine begünstigte Einrichtung ist, spricht die Bescheinigung für das Vorliegen einer Einrichtung i. S. von § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG sowie der Umstand, dass ihre Kosten durch die Sozialversicherungsträger erstattet werden.
Hinweis
Wieder einmal hat der BFH festgestellt, dass der deutsche Gesetzgeber Steuerbefreiungen der 6. EG-Richtlinie zu Lasten der Steuerpflichtigen, nicht oder nur unzutreffend umgesetzt hat. So greift im Urteilsfall neben der Befreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i zusätzlich die Befreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie. Hierfür genügt es, dass es sich um Leistungen handelt, die mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden sind, und dass diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 21.3.2007, V R 28/04.