Leitsatz
- Erhält ein Vermögensverwalter von einer Bank Provisionen für den An- und Verkauf von Wertpapieren im Namen und für Rechnung seines Mandanten, so führt er an die Bank steuerfreie Wertpapierumsätze aus.
- Eine (unselbständige) Nebenleistung kommt nur in Betracht, wenn sie gegenüber derselben Person wie die Hauptleistung erbracht wird.
Sachverhalt
Ein selbständiger Vermögensverwalter führte für seinen einzigen Auftraggeber (X) gegen Entgelt Vermögensverwaltung sowie die Anlage und Spekulation mit Wertpapieren durch. Das Wertpapiervermögen des X war bei drei verschiedenen Banken angelegt. Es gelang dem Vermögensverwalter, für jede Vermögenstransaktion (sowohl Wertpapierankäufe wie auch Wertpapierverkäufe) auch von den Banken eine Provision zu erhalten. Die Provisionszahlungen der Banken richteten sich nach deren jeweiligen Wertpapiervermittlungsumsätzen; sie überstiegen die von X an ihn für die Vermögensverwaltung gezahlten Vergütungen.
Für diese Provisionen versagte das Finanzamt die beanspruchte Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG 1980 mit der Begründung, der Vermögensverwalter habe keine Umsätze von Wertpapieren (als Eigenhandel) getätigt und auch solche Umsätze nicht vermittelt. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Entscheidung
Die streitigen Umsätze des Vermögensverwalters an die Banken sind steuerfrei. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG 1980 in der in den Streitjahren 1985 bis 1988 geltenden Fassung befreite u. a. Umsätze von Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze. Die Vorschrift ist richtlinienkonform gem. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. RL auszulegen. Nach dem EuGH-Urteil vom 13.12.2001 betrifft dessen Ausdruck "Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", Umsätze, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen.
Solche Umsätze führte der Vermögensverwalter aus. Da er im Namen und für Rechnung des X tätig wurde, handelte es sich um die Übertragung von Wertpapieren aufgrund einer Abschlussvollmacht, somit also nicht lediglich umrein materielle, technische oder administrative Leistungen. Diese Leistungen sind keine Nebenleistung zu einer steuerpflichtigen Vermögensverwaltung. Die Vermögensverwaltung führte der Vermögensverwalter gegenüber X aus, die hier streitigen Umsätze erbrachte er an die Banken.
Praxishinweis
Die Auswirkungen des Urteils gehen über die "eigentlichen" knappen Entscheidungsgründe hinaus. Aufgrund der richtlinienkonformen Auslegung der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG a.F. kam der BFH zum Ergebnis, dass der Kläger gegenüber den Banken "Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen" erbrachte. Der Kläger war letztlich "Doppelagent". Für seinen Auftraggeber X kaufte und verkaufte er in dessen Namen und für dessen Rechnung Wertpapiere. X wurde durch den Kläger aufgrund der Abschlussvollmacht unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Ausführungen zu einer Vermittlungstätigkeit enthält das BFH-Urteil – anders als das FG-Urteil – daher nicht. Insoweit sollte aber das herangezogene EuGH-Urteil beachtet werden. Es verweist darauf, dass "Vermittlung" ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts ist, und gibt Definitionshinweise.Dies kann zu einer gewissen Änderung der BFH-Rechtsprechung führen, die bislang vom bürgerlich-rechtlich geprägten Vermittlungsbegriff ausging.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.07.2002, V R 44/01