Leitsatz

Ein Aufsteller von Geldspielautomaten kann sich auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG in dem Sinne berufen, dass die Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG keine Anwendung findet.

 

Sachverhalt

Ein Aufsteller von Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräten in Gaststätten und Spielhallen erklärte seine Umsätze (1997 und 1998) als steuerfrei ohne Vorsteuerabzug. Dagegen vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Einnahmen aus dem Betrieb der Geldspielgeräte seien nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1993 steuerfrei, da sie weder der Rennwett- oder Lotteriesteuer unterlägen noch von einer zugelassenen öffentlichen Spielbank ausgeführt wurden. Gegen das der Klage stattgebende FG-Urteil legte das Finanzamt Revision ein.

 

Entscheidung

Aufgrund der EuGH-Entscheidung in diesem Verfahren[2] stand dem Kläger die Steuerbefreiung für seine Spielautomatenumsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG zu; er konnte sich auf diese Bestimmung berufen. Als Automatenaufsteller führte er gegenüber den Spielern Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus. Diese waren nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerfrei, weil sie nicht unter das RennwLottG fallen und der Aufsteller keine öffentliche Spielbank betreibt.

Wie der EuGH entschieden hat, ist Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG "dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt". Eine derartige nationale Rechtsvorschrift ist § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG.

 

Praxishinweis

Da der EuGH ohne Begrenzung der Entscheidungswirkung "auf die Zukunft" entschieden hat, gilt die mit dem vorliegenden BFH-Urteil umgesetzte Befreiung für Geldspielautomatenumsätze sowie für andere Glückspielumsätze, etwa aus Kartenspielen[3], für alle noch nicht bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide. In diesem Zusammenhang ist auf das BFH-Urteil vom 21.4.2005[4] zu verweisen. Darin wurde bereits auf einen möglichen Erlassanspruch auch bei bestandskräftig festgesetzter Steuer hingewiesen, den der BFH aus der EuGH-Rechtsprechung zum sog. qualifiziertem Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht entnimmt. Soweit die Finanzverwaltung die hier fraglichen Spielumsätze noch nach den dort bezeichneten EuGH-Urteilen bestandskräftig als steuerpflichtig behandelt hat, können die Erlassvoraussetzungen vorliegen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 12.5.2005, V R 7/02[1]

[2] Vgl. ebenda
[4] Vgl. BFH-Urteil vom 21.4.2005, V R 16/04, INF 2005, S. 651
[1] Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 17.2.2005, Rs. C-453/02 und C-462/02 (Linneweber und Akritidis), BFH/NV Beilage 2005, S. 94

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?