Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Zum Nachweis der für § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen Berufsqualifikation aus einer "regelmäßigen" Kostentragung durch Sozialversicherungsträger genügt es nicht, dass lediglich einzelne gesetzliche Krankenkassen in ihrer Satzung eine Kostentragung für Leistungen der Heileurythmie vorsehen. Jedoch kann sich der Befähigungsnachweis auch aus dem Abschluss eines Integrierten Versorgungsvertrags nach §§ 140a ff. SGB V zwischen dem Berufsverband des Leistungserbringers und den gesetzlichen Krankenkassen ergeben. Dies setzt voraus, dass der Leistungserbringer Mitglied des Berufsverbands ist und die im Versorgungsvertrag benannten Qualifikationsanforderungen erfüllt.
Sachverhalt
Der seit 1995 als selbstständiger Heileurythmist tätige Steuerpflichtige besitzt das von der Schule für Eurythmische Heilkunst erteilte "Heileurythmie-Diplom". Seine heileurythmistischen Leistungen erfolgten stets aufgrund ärztliche Anordnung; die Kosten wurden größtenteils von einzelnen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Ab 1.1.2006 schlossen einige gesetzliche Krankenkassen mit dem Berufsverband Heileurythmie e.V. (BVHE) einen "Vertrag zur Durchführung Integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V über die Versorgung mit Anthroposophischer Medizin".
Die auf ärztliche Anordnung erbrachten heileurythmischen Leistungen dienen grundsätzlich der Heilbehandlung. Jedoch sind nach Auffassung des BFH die Leistungen bis zum 31.12.2005 mangels Befähigungsnachweis nicht steuerfrei, da die nachfolgenden "Befähigungsnachweise" fehlen:
- eine vom Staat verliehene berufsrechtliche Regelung (nicht ausreichend ist insoweit die "Befähigung" durch ein privates Ausbildungsinstitut);
- Zulassung des Unternehmers oder seiner Berufsgruppe nach § 124 SGB V oder Aufnahme der betreffenden Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nach § 92 SGB V;
- Benennung der Qualifikation des Behandelnden im Versorgungsvertrag für Leistungen von Fachkräften zur medizinischen Rehabilitation;
- Abschluss eines Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V oder Kostentragung nach § 43 SGB V in Verbindung mit einer "Gesamtvereinbarung".
Nicht ausreichend ist die Ersetzung heileurythmischer Leistungen als Satzungsleistung nur durch einzelne Krankenkassen. Auch kann der ab 2006 bestehende Befähigungsnachweis nicht auf die Vorjahre zurückwirken.
Hinweis
Ab 2006 ergibt sich der Befähigungsnachweis durch den Abschluss eines Integrierten Versorgungsvertrags nach §§ 140a ff. SGB V zwischen dem Berufsverband des Leistungserbringers und den gesetzlichen Krankenkassen. Der Steuerpflichtige war Mitglied des Berufsverbands und erfüllte aufgrund seiner Ausbildung die im Integrierten Versorgungsvertrag benannten Qualifikationsanforderungen. Jedoch greift die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG erst ab Erteilung der Teilnahmeberechtigung des Berufsverbands an den Steuerpflichtigen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 8.3.2012, V R 30/09.