Leitsatz
Bei einem Gesamtdarlehen, das zur Finanzierung von Baumaßnahmen an einem teils zu eigenen Wohnzwecken und im Übrigen vermieteten Gebäude aufgenommen wird und zu dessen Sicherung bzw. Tilgung die Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung verpfändet werden, infiziert die Verwendung eines Teils des Darlehens für steuerschädliche Zwecke das Gesamtdarlehen. Die Zinsen aus der Lebensversicherung sind daher in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.
Sachverhalt
Der Kläger ist Eigentümer eines Mietwohngrundstücks, dessen Umbau er mit einem Darlehen über 300000 DM finanzierte. Zur Sicherung bzw. Tilgung des Darlehens verpfändete er 1996 die Ansprüche aus seiner Lebensversicherung. Nach Abschluss der Baumaßnahmen nutzt der Kläger das Gebäude zu 40,19 % zu eigenen Wohnzwecken, zu 59,81 % vermietet er es.
Das Finanzamt stellte fest, dass die außerrechnungs- und rechnungsmäßigen Zinsen aus der Lebensversicherung im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung insgesamt einkommensteuerpflichtig sind. Der dagegen erhobene Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Klage richtet sich nur noch insoweit gegen den Feststellungsbescheid, als dort auch von einer schädlichen Verwendung der Lebensversicherung ausgegangen wurde, soweit das Darlehen zum Umbau des selbst bewohnten Gebäudeteils verwendet wurde. Laut Kläger sind die Zinsen für diesen Teil nicht steuerpflichtig, weil die Sonderausgaben abzugsfähig waren. Der Ausschluss vom Sonderausgabenabzug komme nur in Betracht, wenn Ansprüche aus Versicherungsverträgen der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienten, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien. Die Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken führe aber nicht zu Einkünften, sodass die Finanzierungskosten weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sein könnten. Das Gesetz gehe nicht von einer insgesamt schädlichen Verwendung aus, wenn ein Teil des Darlehens in einer Form verwendet werde, die dem Sonderausgabenabzug entgegenstehe. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er erachtet die Zinsen aus der Lebensversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG als steuerpflichtig. Zwar gelte dies nach Satz 2 der Vorschrift nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausbezahlt werden. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 (nunmehr § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG) kommt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG jedoch nur zum Tragen, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können.
Die Lebensversicherung war unstreitig eine Versicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Soweit es um die Finanzierung der Umbaukosten des fremdvermieteten Gebäudeteils geht, haben die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag auch zur Sicherung eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten sind, wobei insoweit die Ausnahmetatbestände des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG unstreitig nicht gegeben sind. Der BFH hält den Sonderausgabenabzug aber auch insoweit für ausgeschlossen, als der Kläger das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Zwar führt die Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nicht zu steuerlichen Einkünften, sodass die damit zusammenhängenden Finanzierungskosten weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Die Ansprüche aus der Versicherung haben daher insoweit kein Darlehen gesichert, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind. Wäre sonst eine nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG begünstigte Verwendung gegeben, wäre das Darlehen insgesamt steuerunschädlich verwendet worden und damit begünstigt.
Die Steuerpflicht tritt aber insgesamt ein, wenn ein Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet wird. Dann "infiziert" die Verwendung eines Teils des Darlehens für steuerschädliche Zwecke das Gesamtdarlehen. Der BFH beruft sich bei dieser Argumentation auf den Wortlaut des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG. Dieser legt eine Aufteilung des Gesamtdarlehens danach, ob die Finanzierungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind oder nicht, zwar nicht nahe, schließt sie aber auch nicht zwingend aus. Es muss daher zunächst geprüft werden, ob die Finanzierungskosten des Darlehens Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Ist das insgesamt nicht der Fall, sind die Beiträge dem Grunde nach als Sonderausgaben abziehbar. Wird das Darlehen für unterschiedliche Zwecke verwendet und sind die Finanzierungskosten zum Teil Werbungskosten oder Betriebsausgaben, is...