Leitsatz
§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG gilt für die Vermietung eines Parkplatzgrundstücks auch dann, wenn der Mieter dort zwar nicht selbst parken will, aber entsprechend der Vereinbarung im Mietvertrag das Grundstück Dritten zum Parken überlässt.
Sachverhalt
Eine Grundstücksinhaberin hatte 1992 auf ihrem Grundstück 170 Parkplätze errichtet und damit bis 31.3.1996 eine Parkplatzvermietung betrieben. Danach verpachtete sie das Grundstück für zehn Jahre an die Gemeinde, die seitdem den Parkplatz betreibt und dort Parkscheinautomaten aufgestellt hat.
Die Vermietungsumsätze der Grundstücksinhaberin wurden bis zum 31.3.1996 als steuerpflichtig behandelt; sie erhielt den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Errichtung der Parkplätze. Dagegen erklärte sie die Umsätze aus der Verpachtung des Grundstücks an die Gemeinde als steuerfrei. Das Finanzamt beurteilte sie hingegen als steuerpflichtig. Nach erfolgloser Klage legte die Grundstücksinhaberin Revision ein. Sie meint, für eine Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG reiche es nicht aus, dass die verpachteten Flächen am Ende einer Vermietungskette Fahrzeugbesitzern zum Gebrauch als Stellfläche überlassen würden. Vielmehr werde nur die unmittelbare Überlassung einer Stellfläche an Fahrzeugbesitzer erfasst.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Beurteilung von Finanzamt und -gericht, dass die streitigen Verpachtungsumsätze als nicht steuerbefreite "Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen" i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG und Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 2 der 6. EG-Richtlinie anzusehen seien. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG setze nicht voraus, dass der Mieter das Grundstück selbst als Parkfläche nutze. Auch seien Ausnahmen von Umsatzsteuerbefreiungen nach der Rechtsprechung des EuGH nicht eng auszulegen.
Praxishinweis
Regelmäßig geht das Interesse von Unternehmern mit steuerfreien Umsätzen, bei denen sie zur Steuerpflicht optieren können, auf die Steuerpflicht, um damit den Vorsteuerabzug aus Investitionen zu erreichen. Bei der Klägerin war die Vorsteuerabzugsfrage bereits 1992 "erledigt" worden, so dass im Zeitraum ab 1996 steuerfreie Umsätze mit dem Parkplatz für sie günstiger waren.
Die Entscheidung des BFH ist an sich – unter Berufung auf den Wortlaut der entsprechenden Regelungen im UStG und in der 6. EG-Richtlinie – klar und auf die primär vom Mehrwertsteuerrecht angestrebte Besteuerung aller Umsätze, die nicht ausdrücklich befreit sind, gerichtet. Schließlich wäre auch eine Befreiung des "Vorumsatzes" systemstörend, wenn dem Unternehmer des anschließenden steuerpflichtigen Umsatzes an den Endverbraucher Leistungen berechnet würden, die von etwaigen Vorsteuerbeträgen nicht entlastet sind. Das könnte zur Festsetzung von Umsatzsteuer auf nicht abgezogene Umsatzsteuer und damit zu einer Steuerkumulation führen.
Irritieren könnte aber, dass der in der Entscheidung offenbar bewusst herangezogene Wortlaut der Ausnahmeregelungen in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG und Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 2 der 6. EG-Richtlinie identisch die "Vermietung" von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen bezeichnet, während die Befreiungsregelungen selbst jeweils die "Vermietung und Verpachtung" von Grundstücken usw. umfassen. Im Streitfall hatte die Grundstücksinhaberin aber mit der Gemeinde die Verpachtung, nicht die Vermietung vereinbart.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 30.3.2006, V R 52/05