Zunahme von Streitigkeiten
Die Verwaltungsgerichte haben immer wieder über Streitigkeiten zu entscheiden, deren Ursache die Genehmigung von Anlagen zur Kinderbetreuung ist. Diese Streitigkeiten haben noch zugenommen, seitdem der Gesetzgeber 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Platz zur Kinderbetreuung geschaffen hat. Auf diesen erhöhten Bedarf reagierten Gemeinden, Kirchen und auch Private mit einer Vielzahl neuer Projekte zur Kinderbetreuung. Auch der Gesetzgeber hat versucht, die Schaffung neuer Kinderbetreuungsplätze zu erleichtern. So wurde in § 22 Abs. 1a Bundesimmissionsschutzgesetz festgelegt, dass Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen sind. Nach dieser Vorschrift dürfen bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen Immissionsgrenz- und Immissionsrichtwerte nicht herangezogen werden. Ferner hat die sog. Innenentwicklungsnovelle zum Baugesetzbuch festgelegt, dass Anlagen zur Kinderbetreuung auch im reinen Wohngebiet allgemein zulässig sind.
Kindertagesstätte im allgemeinen Wohngebiet
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat am 27.11.2013 einen Fall entschieden, in dem es um 2 Baugenehmigungen, eine für eine Modernisierung einer bestehenden Kindertagesstätte und eine für einen Neubau auf dem gleichen Grundstück, ging. Die beiden Anlagen waren für insgesamt 88 Kinder gedacht und umfassten Außenspielflächen von 860 qm. Der VGH stellt zunächst fest, dass das Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet liegt und dort nach § 4 BauNVO Kindertagesstätten allgemein zulässig sind. Er sagt hierzu auch, dass die mit der Benutzung solcher Einrichtungen für die nähere Umgebung verbundenen Auswirkungen – vorwiegend Geräusche – ortsüblich und sozial adäquat sind. Er erkennt aber auch an, dass nach § 15 BauNVO jeweils zu prüfen ist, ob nicht eine Ausnahmesituation vorliegt, die ein Abweichen von den typisierenden Regelungen der Baunutzungsverordnung (BauNVO) notwendig macht. Ein solcher Ausnahmefall, etwa die Nachbarschaft eines Krankenhauses, lag aber in dem vom VGH entschiedenen Fall nicht vor. Hierbei verweist der VGH auch auf § 22 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz, wonach im Regelfall Kinderlärm nicht als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Immissionsschutzrechts angesehen werden kann.
Zu- und Abfahrtsverkehr für Kindertagesstätten
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 20.12.2013 einen Fall entschieden, in dem es nicht um die Zulässigkeit der Kindertagesstätte als solche ging, sondern um die Probleme aus dem Zu- und Abfahrtsverkehr für die Tagesstätte. Eine Nachbarin hatte sich gegen eine Baugenehmigung für eine angrenzend zu errichtende Kindertagesstätte für 55 Kinder gewandt, weil sie sich unzumutbaren Beeinträchtigungen durch den An- und Abfahrtsverkehr ausgesetzt sah. Auch hier prüfte das Gericht, nachdem es die allgemeine Zulässigkeit einer Kindertagesstätte in einem allgemeinen Wohngebiet entsprechend § 4 BauNVO bejaht hatte, ob eine Ausnahmesituation gemäß § 15 BauNVO vorlag. Nach dieser Bestimmung sind bauplanungsrechtlich im Grundsatz zulässige bauliche Anlagen im Einzelfall u. a. dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets, im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Die Nachbarin hatte vorgetragen, dass sowohl ihr Grundstück, wie auch das Grundstück der Kindertagesstätte an einer verkehrsberuhigten Anliegerstraße liegen, deren Breite teilweise deutlich weniger als 5 m beträgt. Für Verkehrsvorgänge, wie Halten, Parken und Wenden, die mit dem An- und Abfahrtsverkehr typischerweise verbunden sind, stehe kein Raum zur Verfügung und es sei zu befürchten, dass ihre eigene Ausfahrt mangels ausreichender Wende- und Parkmöglichkeiten auf der Straße zum Parken und Wenden genutzt werde. Beides führe dazu, dass es ihr nachhaltig erschwert werde, ihr Grundstück im Wesentlichen gefahrlos und ungehindert zu verlassen, bzw. zu erreichen. Das OVG stimmte dieser Beurteilung zu und beurteilte die Baugenehmigung nach § 15 BauNVO als rechtswidrig. Nach Auffassung des Gerichts war hier die Grenze zur Rücksichtslosigkeit überschritten, da die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse sich in der Umgebung des Baugrundstücks unzumutbar darstellen.
Schaffung weiterer Stellplätze
Das Gericht empfahl eine Änderung des Bauantrags mit der Schaffung weiterer Stellplätze auf dem Grundstück der Kindertagesstätte selbst.
(VGH Mannheim, Beschluss v. 27.11.2013, 8 S 1813/13, ZfBR 2014 S. 165; Niedersächsisches OVG, Beschluss v. 20.12.2013, 1 ME 214/13, ZfBR 2014 S. 164)