Leitsatz
Das Einzelinteresse zur Ermittlung des Streitwertes eines Beschlusses über den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages bemisst sich nach dem Anteil, der auf den klagenden Wohnungseigentümer entfällt.
Normenkette
GKG § 49a
Das Problem
- Wohnungseigentümer K, Eigentümer eines Miteigentumsanteils von 8/1.000, geht gegen 2 Beschlüsse vor. Mit einem Beschluss haben die Wohnungseigentümer bestimmt, das gemeinschaftliche Eigentum in Höhe von 540.000 EUR instandsetzen zu lassen (Instandsetzungsbeschluss). Mit dem anderen Beschluss haben die Wohnungseigentümer beschlossen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Höhe von 500.000 EUR einen Verbraucherdarlehensvertrag schließen soll (Finanzierungsbeschluss). Noch vor Zustellung dieser Klage nimmt K seine Anfechtungsklage allerdings wieder zurück.
- Das Amtsgericht (AG) setzt den Streitwert auf 21.600 EUR (fünffaches Einzelinteresse ausgehend von einem Wert von 540.000 EUR) fest. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Rechtsanwalts der K, mit der dieser eine Streitwertfestsetzung auf 250.000 EUR, als den hälftigen Betrag des Volumens des Verbraucherdarlehensvertrags, begehrt. Zur Begründung beruft er sich darauf, dass das Einzelinteresse aufgrund der möglichen Nachhaftung des K für die Darlehensrückzahlung deutlich höher als vom AG angesetzt zu bemessen sei.
Die Entscheidung
Die Beschwerde ist nach Ansicht des Landgerichts (LG) unbegründet.
Der Streitwert des Instandsetzungsbeschlusses
Der Streitwert bemesse sich nach § 49a GKG. Soweit sich die Anfechtungsklage gegen den Instandsetzungsbeschluss richte, sei das AG zutreffend davon ausgegangen, der Streitwert richte sich nach dem 5-fachen Interesse des K, welches sich insoweit nach den auf ihn entfallenden Kostenanteil richte. Dies ergebe einen Streitwert von 21.600 EUR.
Der Streitwert des Finanzierungsbeschlusses
Der Streitwert des Finanzierungsbeschlusses sei kein anderer. Maßgeblich sei allein der auf die Anfechtungskläger entfallende Anteil.
- Zwar könne die einzelnen Wohnungseigentümer eine Nachschusspflicht treffen, wenn andere Wohnungseigentümer mit "ihren" Raten ausfielen. Dies bedürfe allerdings weiterer Beschlüsse, etwa über eine Sonderumlage. Insoweit unterscheide sich ein derartiger Beschluss nicht von der Rechtslage, welche bestehe, wenn die Wohnungseigentümer die Finanzierung einer Baumaßnahme durch eine Sonderumlage beschließen. Da auch insoweit eine Zahlungspflicht für durchgeführte Baumaßnahmen im Außenverhältnis bestehe, führe auch hier ein Zahlungsausfall eines Miteigentümers dazu, dass die übrigen Wohnungseigentümer für diesen Zahlungsausfall aufkommen müssen und insoweit ein weiterer Beschluss über eine (erneute) Sonderumlage erforderlich werde. Gleichwohl entspreche es einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass das Einzelinteresse im Falle der Anfechtung eines Beschlusses über eine Sonderumlage sich nach dem Anteil des anfechtenden Eigentümers richte.
- Dies entspreche auch der gesetzgeberischen Motivation bei der Schaffung des § 49a GKG, die darin gelegen habe, zur Gewährleistung des Justizgewährungsanspruchs einzelner Wohnungseigentümer insbesondere bei Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse größerer Wohnungseigentumsanlagen, den Streitwert der Höhe nach generell zu begrenzen. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn man für Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse über eine Kreditaufnahme stets das Gesamtvolumen als Einzelinteresse ansetzte.
- Ob das Einzelinteresse höher anzusetzen sei, wenn Zahlungsausfälle konkret drohten, bedürfe keiner Entscheidung. Solches sei nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.
Keine Addition der Streitwerte
Die Streitwerte seien auch nicht zu addieren. Insoweit gelte auch im Gebührenrecht, dass Streitwerte dann nicht zusammenzuaddieren seien, wenn sie wirtschaftlich identisch seien (Hinweis auf § 39, § 48 GKG, § 5 ZPO). Der Instandsetzungsbeschluss und der Finanzierungsbeschluss seien wirtschaftlich identisch. Denn das wirtschaftliche Ziel des K sei es in beiden Fällen, nicht mit den Kosten belastet zu werden.
Kommentar
Ein eigenständiges Finanzierungsinstrument (BGH, NJW 2015 S. 3651 Rn. 30), Mittel z.B. für eine Erhaltungsmaßnahme aufzubringen, besteht darin, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Verbraucherdarlehensvertrag (§§ 491ff. BGB) schließt. Eine solche Kreditaufnahme kann ein sinnvolles und manchmal sogar ein zwingend notwendiges Finanzierungsinstrument sein. Für den auf einen solchen Vertrag gerichteten Darlehensbeschluss besteht eine Beschlusskompetenz.
Hinweis: Darlehensbeschluss
Der Darlehensbeschluss bedarf einer einfachen Mehrheit und muss hinreichend bestimmt sein. Um dieses Ziel zu erreichen, sind u.a. folgende Bestimmungen notwendig:
- Informationen i.S.d. § 491a BGB; jedenfalls muss der Darlehensbeschluss die wesentlichen Rahmenbedingungen des Verbraucherdarlehensvertrages festlegen;
- der Darlehensbeschluss muss Angaben über die zu finanzierende Maßnahme enthalten (= des Anlasses und Zwecks des Abschlusses des Ver...