13 Jahre ohne Vollstreckung

Eine gewerbliche Vermieterin hatte 1993 und 1994 insgesamt 5 Vollstreckungstitel (Urteile und Kostenfestsetzungsbeschlüsse) gegen den klagenden Schuldner und seinen Mitmieter erwirkt. Die Forderungen sind teilweise befriedigt; weitere Zahlungen sind streitig. Der Schuldner hat die vollständige Tilgung aller Schuldtitel behauptet: Er verfüge jedoch über keine Unterlagen und Belege mehr aus dem fraglichen Zeitraum, da diese bereits vernichtet seien und auch von der Bank nicht mehr reproduziert werden könnten. Der letzte Vollstreckungsversuch hat in Form einer Wohnungsdurchsuchung im April 1995 stattgefunden. Danach ruhte die Angelegenheit, bis die Gläubigerin 2008 ein Inkassounternehmen mit der Einziehung der Forderung beauftragte. Mit seiner Klage gegen die Vermieterin hat der Schuldner die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung und die Herausgabe der Titel verlangt. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben, weil die titulierten Ansprüche verwirkt seien. Doch die zugelassene Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Der Bundesgerichtshof (BGH) betont die strengen Voraussetzungen für eine Verwirkung: Der Gläubiger verwirkt einen rechtskräftig ausgeurteilten Zahlungsanspruch nicht allein dadurch, dass er über einen Zeitraum von 13 Jahren keinen Vollstreckungsversuch unternimmt. Denn gerade das Beschreiten des Rechtswegs zur Erlangung eines den Zeitraum von 30 Jahren abdeckenden Titels macht dem Schuldner deutlich, dass der Gläubiger seine Forderung durchsetzen will.

Schuldnerschutz durch Titelherausgabe

Auch sei der Schuldner nicht schutzlos gestellt, da er sich doch bei Leistung auf den Titel Quittung erteilen lassen oder gar den Titel selbst an sich herausverlangen könne. Insoweit gibt das Gericht interessante Hinweise:

Interessante Hinweise des Gerichts

Eine auf § 371 BGB analog gestützte Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels ist zulässig, wenn über eine Vollstreckungsabwehrklage rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers entschieden worden ist und die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig ist oder vom Titelschuldner zur Überzeugung des Gerichts bewiesen wird. Das gilt auch dann, wenn der Titel noch zur Vollstreckung gegen einen weiteren Schuldner berechtigen könnte. Denn soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt sind und einer der Gesamtschuldner die Schuld beglichen hat, bleibt für den Gläubiger nichts mehr zu vollstrecken. Soweit sie hingegen nach Kopfteilen verurteilt sind, sind so viele Ausfertigungen zu erteilen, wie Schuldner vorhanden sind. Jede Ausfertigung ist insoweit nur mit der Klausel gegen je einen der Schuldner zu versehen. Der Schuldner könnte daher diejenige Ausfertigung herausverlangen, die mit der gegen ihn gerichteten Vollstreckungsklausel versehen ist. Zur Vollstreckung gegen den anderen Schuldner müsste sich der Gläubiger eine andere Ausfertigung mit Vollstreckungsklausel nur gegen diesen erteilen lassen.

(BGH, Urteil v. 9.10.2013, XII ZR 59/12, NZM 2014 S. 78)

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