Leitsatz
Bei der Wertermittlung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer im sog. Stuttgarter Verfahren ist der gewichtete Durchschnittsertrag auf der Grundlage der letzten drei vor dem Besteuerungszeitpunkt abgelaufenen Wirtschaftsjahre zu ermitteln. Das Betriebsergebnis des im Besteuerungszeitpunkt laufenden Wirtschaftsjahrs bleibt unberücksichtigt.
Sachverhalt
Das Betriebsergebnis der S-GmbH belief sich für die Jahre 1996 bis 1999 auf 559281 DM, 1133386 DM, 2065879 DM bzw. 2533456 DM. Am 27.12.1999 schenkte V seinem Sohn S einen Geschäftsanteil an der S-GmbH. Das Finanzamt setzte hierfür Schenkungsteuer fest und ermittelte den Wert des Geschäftsanteils anhand eines Zwischenwerts der Betriebsergebnisse der Wirtschaftsjahre 1996 bis 1998 und 1997 bis 1999. S begehrt, den Anteilswert entsprechend R 99 Abs. 1 Satz 3 ErbStR auf der Grundlage der Betriebsergebnisse der Jahre 1996 bis 1998 zu ermitteln.
Entscheidung
Liegen für Anteile weder Kurswerte noch zeitnahe Verkäufe vor, ist ihr gemeiner Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG zu schätzen; maßgeblich hierfür ist nach § 12 Abs. 2 ErbStG der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer.
Die Schätzung erfolgt nach dem in R 96ff. ErbStR geregelten Stuttgarter Verfahren. Danach ist der Vermögenswert zu ermitteln, der sodann auf Grund der Ertragsaussichten korrigiert wird. Letztere bestimmen sich nach dem künftigen ausschüttungsfähigen Ertrag, der aus dem in der Vergangenheit tatsächlich erzielten Durchschnittsertrag abzuleiten ist. Hierbei kommt dem stichtagsnäheren Betriebsergebnis ein höherer Stellenwert zu als den stichtagsferneren. Der Durchschnittsertrag ist nach R 99 Abs. 1 Satz 3 ErbStR möglichst aus den Betriebsergebnissen der letzten drei vor dem Besteuerungszeitpunkt abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten.
Die Einbeziehung des Betriebsergebnisses des laufenden Jahrs bis zum Bewertungsstichtag kommt auch dann nicht in Betracht, wenn das laufende Wirtschaftsjahr zum Stichtag nahezu abgelaufen ist. Stehen Betriebsergebnisse für die letzten drei abgelaufenen Wirtschaftsjahre zur Verfügung, sind die Ertragsaussichten aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auf dieser Grundlage zu ermitteln.
Praxishinweis
Sind in Zukunft erheblich niedrigere oder höhere Erträge zu erwarten, kann eine individuelle Schätzung der Ertragsaussichten in Betracht kommen. Hierbei können nur Verhältnisse und Gegebenheiten berücksichtigt werden, die im Bewertungszeitpunkt so hinreichend konkretisiert sind, dass mit ihnen zu diesem Zeitpunkt objektiv als Tatsachen zu rechnen ist. Der im laufenden Wirtschaftsjahr bis zum Stichtag erzielte Ertrag allein rechtfertigt noch keine von der Regelbewertung abweichende andere Schätzung.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 1.2.2007, II R 19/05