Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit als Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR ist steuerbar und steuerpflichtig.

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 1993 Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (nachstehend: Kommission). Deren Aufgabe war es im wesentlichen, die Vermögenswerte aller Parteien und mit ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen der DDR im In- und Ausland zu ermitteln und darüber einen Bericht zu erstellen; ferner hatte sie der Treuhandanstalt ihr Einvernehmen bei der treuhänderischen Verwaltung des Vermögens der Parteien und politischen Organisationen zu erteilen. Im Streitjahr war die Mehrzahl der Mitglieder freiberuflich tätig, insbesondere in der Rechtsberatung. Den Mitgliedern der Kommission wurde für ihre Tätigkeit im Streitjahr aus Haushaltsmitteln ein "Honorar" von 50 000 DM bzw. 44 000 DM gewährt. Das Finanzamt unterwarf das Honorar in Höhe des Nettobetrags der Umsatzsteuer. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Tätigkeit des Klägers als Mitglied der Kommission ist umsatzsteuerbar. Der Kläger wurde als Mitglied der Kommission i.S. des § 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UStG beruflich tätig. Er hat nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen sonstige Leistungen erbracht. Diese bestanden in der Teilnahme an den Sitzungen der Kommission, der Mitwirkung an ihren Entscheidungen und an der entsprechenden Vor- und Nachbereitung. Leistungsempfänger war die Bundesrepublik als Rechtsträger der Kommission. Auch wenn der Kläger als Mitglied der Kommission öffentlichrechtliche Aufgaben wahrnahm, ist seine Tätigkeit steuerbar. Umsatzsteuerrechtlich ist zwischen der Tätigkeit der Kommission als Gremium und der Tätigkeit der einzelnen Kommissionsmitglieder zu unterscheiden. Die Kommission selbst dürfte als eine Bundesoberbehörde i.S. des § 87 Abs. 3 Satz 1 GG zu qualifizieren sein. Der Kläger als Mitglied der Kommission ist aber weder eine juristische Person des öffentlichen Rechts i.S. des § 2 Abs. 3 UStG noch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S. des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG. Der Kläger handelte bei seiner Tätigkeit als Mitglied der Kommission ferner selbständig i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Eine berufliche Tätigkeit wird nach der negativen Abgrenzung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BFH das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Dies bedeutet, dass die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, gegeneinander abzuwägen sind[2]. Nach diesen Grundsätzen ist das FG verfahren und ist zu dem - revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden - Ergebnis gekommen, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei die Selbständigkeit des Klägers zu bejahen. Das FG hat insbesondere zutreffend maßgeblich darauf abgestellt, dass die Mitglieder der Kommission gemäß § 3 Abs. 2 der Parteivermögenskommissions-VO in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an Weisungen nicht gebunden sind.

Die Tätigkeit des Klägers als Kommissionsmitglied ist nicht gemäß § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG steuerfrei. Das FG hat zutreffend dargelegt, dass im Streitfall angesichts der Höhe des Honorars nicht mehr von einer ehrenamtlichen Tätigkeit i.S. dieser Vorschrift gesprochen werden kann. Soweit der Kläger geltend macht, das für die Rechtsaufsicht der Kommission zuständige BMI habe mit bindender Wirkung für die Gerichte festgestellt, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit i.S. des § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG vorliege, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Eine derartige Bindung gibt es nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 29.6.2000 -V R 28/99

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